Baudenkmal in Berlin-Pankow: Baugruppe versus Stadtgeschichte
Eine Baugruppe will eine historische Villa abreißen und Wohnungen sowie Lofts bauen. Der Bezirk versucht, das zu verhindern.
Die kleine Runde, die am Freitagvormittag in der Florastraße in Pankow zusammenkommt, wird es nicht leicht haben: Es geht um eine Villa und ihre Geschichte. Und um eine Baugruppe und ihre Zukunft. Beides unter einen Hut zu bringen ist unmöglich. Die Runde, unter ihnen Vertreter des Landesdenkmalamts und Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne), muss sich entscheiden: für den Denkmalschutz und die Villa – oder für die Baugruppe und gegen ein Stück Pankower Geschichte.
Stein des Anstoßes ist die sogenannte Weiße Villa in der Florastraße 86, ein Gebäude, das quer zur Straßenflucht der gründerzeitlichen Bebauung steht. 1892 wurde das Haus errichtet, es ist damit ein Zeugnis der Erstbebauung Pankows als Villenkolonie. Zahlreiche Anwohner, aber auch der Bezirk wollen das Gebäude daher erhalten.
18 Wohnungen geplant
Auf der anderen Seite steht die „Baugruppe Ausbauhaus“. Sie will anstelle der Villa 18 Wohnungen und Lofts errichten. Acht Parteien haben sich in der Gruppe bereits zusammengeschlossen, Mitstreiter für zehn Wohnungen werden noch gesucht. Eine der Architektinnen der Gruppe ist Jana Richter. Ob die Villa erhaltenswert ist? „Man kann das so sehen“, sagt Richter, die auch Mitstreiterin der Gruppe „Think Berlin“ ist, die sich mit Zukunftsthemen der Berliner Stadtentwicklung beschäftigt. „Man kann aber auch sagen, dass die Villa auf einer Baulücke steht, die der Vollendung der gründerzeitlichen Straßenflucht im Wege steht.“
Für Richter und ihren Architektenpartner Henri Präger stehen deshalb statt der Geschichte eher die Wohnungen, die gebaut werden sollen, im Vordergrund. „Unsere Philosophie ist einfach“, sagt Präger. „Wir bauen nicht schlüsselfertig, sondern bieten den Nutzern verschiedene Ausbaupakete an. Das reicht dann von der fertigen Wohnung bis zum Loft ohne Küche.“ Ausbauhaus heißt ihr Geschäftsmodell. Eines davon in der Neuköllner Braunschweiger Straße ist am 1. Dezember bezogen worden, ein zweites wird derzeit in Lichtenberg fertiggestellt. „In Neukölln konnten wir für eine einfache Ausstattung einen Preis von unter 2.000 Euro pro Quadratmeter anbieten“, freut sich Präger.
Im boomenden Florakiez ist das Vergnügen freilich teurer: 3.000 Euro müssen hier im Schnitt bezahlt werden. Ein Grund ist der Preis, den der bisherige Eigentümer für die Villa haben will: Dem Vernehmen nach sind es 1,5 Millionen Euro. Denn noch ist die Baugruppe nicht Eigentümerin des Grundstücks. Zum Kauf soll es erst kommen, wenn es auch Baurecht gibt.
Anders als die Architekten der Baugruppe hat sich Jens-Holger Kirchner für die Geschichte entschieden. „Wir wollen die Villa erhalten“, bekräftigt der grüne Stadtrat. Gleichwohl muss sein Stadtplanungsamt auf den Bauvorantrag des Büros von Richter und Präger reagieren. „Weil in der Villa nur Gewerbe ist und keine Wohnungen, können wir kein Abrissverbot verhängen“, erklärt Kirchner. Bleibt also nur der Denkmalschutz. „Wir werden am Freitag beim Landesdenkmalamt beantragen, den Denkmalwert der Villa zu prüfen“, sagt Kirchner. „Damit können wir die Antwort auf die Bauanfrage um ein Jahr zurückstellen.“
Für Jana Richter wäre das keine gute Lösung. „Ich weiß nicht, ob die Baugruppe das durchhalten würde. Wahrscheinlich würde sie daran zerbrechen.“ Und auch die Villa wäre damit nicht gerettet, meint die Architektin. „Dann kauft das Grundstück halt ein ganz normaler Investor. Der Baudruck ist schließlich riesengroß in Pankow.“
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