Basketball: Alba nur als Tross - die Spitze fehlt
Ohne Topspieler Julius Jenkins ist Alba miserabel aufgestellt. Nur mit viel Glück gewinnt die Berliner Mannschaft gegen Braunschweig. Schon am Dienstag steht das nächste Schlüsselspiel an: Der türkische Meister Fenerbahçe Istanbul kommt.
Eine Frage schien am Sonnabend in der Arena am Ostbahnhof lange unbeantwortet zu bleiben. Wie viel ist Alba Berlin ohne seinen Topspieler Julius Jenkins wert? Der leidet immer noch an den Folgen eines Außenbandanrisses, den er sich im Euroleaguespiel gegen Badalona zugezogen hat. Junkins fehlt den Berlinern schon seit Wochen. Doch wirklichen Aufschluss konnte das Bundesligaspiel gegen die Phantoms Braunschweig zunächst nicht geben. Zu harmlos präsentierten sich die Gäste.
Alba dominierte die Partie vor 8.600 Zuschauern fast nach Belieben. Bis in das dritte Viertel hinein waren die Braunschweiger kein Gradmesser. Alba lag von der ersten Minute an immer vorne und führte zeitweise mit bis zu 22 Punkten. Doch ohne erkennbaren Anlass riss plötzlich der Faden. Der Spielfluss versiegte und immer seltener wollten die Berliner Bälle in den gegnerischen Korb fallen. "Vielleicht war es die Müdigkeit, vielleicht wollten wir uns schon zu früh schonen«, vermutet Spielmacher Steffen Hamann. Die Gäste kamen heran und gingen kurz vor Schluss sogar in Führung. Nur mit viel Glück konnte Alba das Blatt in den letzten Sekunden wieder wenden und gewann mit 64:63 (38:22) denkbar knapp.
Es ist noch einmal gut gegangen und die vierte Niederlage am Stück wurde verhindert. Und jetzt war auch die Frage nach Julius Jenkins beantwortet. Der wertvollste Spieler der Bundesliga wird schmerzlich vermisst. Ohne ihn fehlt eine wichtige Option im Alba-Spiel. Eine Zeitlang konnte sein Fehlen kompensiert werden, auf Dauer nicht. In der Euroleague gingen die letzten beiden Partien ohne ihn verloren. Jetzt wird es auch in der Bundesliga eng. Vor allem in der Offensive. "Er zieht mit seiner Quirlichkeit und Beweglichkeit den Focus auf sich, bindet immer ein bis zwei Gegenspieler und schafft somit auch Freiräume für seine Mitspieler", sagt Geschäftsführer Marco Baldi. "Er fehlt an allen Ecken und Enden."
Eigentlich wollten die Verantwortlichen das Albaspiel von der Abhängigkeit einer Person lösen. So schien gegen Braunschweig Neuzugang Ansu Sesay zunächst die Rolle Jenkins als Punktesammler übernehmen zu können. Im ersten Viertel sammelte der US-Amerikaner fleißig Punkte - neun Stück. Später tauchte er ab, wie der Rest der Mannschaft. Ein Jenkins, der auch in engen Situationen oft die richtige Lösung findet, konnte Sesay an diesem Abend nicht sein. Albas Kader ist zwar groß, aber wenn Verletzungen hinzukommen, nicht groß genug. Erst fiel Kapitän Patrick Femerling lange aus, dann Julius Jenkins. Kommen dann noch viele Spiele in kurzen Intervallen hinzu, stößt das Team an seine Grenzen. Vor allem die aufwendigen Auswärtsspiele in der Euroleague kosten Kraft und Konzentration.
Der Kontrahent hat es besser. "Die Braunschweiger konnten unsere Spielsysteme genau analysieren und sich gut darauf einstellen", sagt Marco Baldi. Einfluss auf die Spielplangestaltung haben die Alba-Verantwortlichen aber nicht und so bleibt ihnen nur, das Positive an diesem Sonnabend festzuhalten. Der Negativtrend konnte gestoppt werden. "Das war das wichtigste Spiel der ersten Saisonhälfte", glaubt deshalb auch Trainer Luka Pavicevic. Vielleicht sind die Köpfe jetzt wieder freier.
Die werden nämlich sehr schnell wieder gebraucht. Schon am Dienstag steht das nächste Schlüsselspiel an. In der Euroleague kommt der türkische Meister Fenerbahçe Istanbul nach Berlin. Wenn Alba seine Chancen auf ein Weiterkommen wahren möchte, müssen die Heimspiele gewonnen werden. "Nur mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung haben wir da eine Chance", glaubt Baldi.
Ob Julius Jenkins dann wieder mitwirken kann, bleibt offen. "Wir schauen von Tag zu Tag", sagt Luka Pavicevic und klingt dabei wenig optimistisch. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis der Publikumsliebling wieder zu bestaunen sein wird. Bis dahin gilt: er ist nicht zu ersetzen, und trotzdem muss er ersetzt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung