Basketball: Euphorie an der Theke
Überraschend ist der SC Rasta Vechta in die Bundesliga aufgestiegen. Großen Anteil daran hatten Trainer Pat Elzie, der finanzstarke Clubchef und die feierfreudigen Fans.
Es gibt Leute, die kommen nicht in Vechtas Rasta Dome, um das Basketballspiel zu sehen. Die kommen, um zu feiern. Das hat Werner Themann beobachtet. Themann ist der zweite Vorsitzender vom SC Rasta Vechta, dem Verein, der in der vergangenen Saison den sensationellen Aufstieg in die Basketball-Bundesliga geschafft hat. „Hier wird gerne mal ein Bier getrunken“, sagt er.
Weil man das von dem Biertrinken wusste, hat man beim Bau des neuen Rasta Domes im vergangenen Jahr auch gleich eine lange Theke einbauen lassen. „Da wird nach den Spielen manchmal bis weit nach Mitternacht gefeiert“, sagt Themann. Die Gastronomen aus der Innenstadt Vechtas seien über die Konkurrenz durch die Basketballer natürlich nicht ganz glücklich. „Aber das ist eben Wettbewerb und wir brauchen das Geld auch“, sagt Themann, der einer der Gründungsmitglieder des Vereins ist.
Gut gefüllte Vereinskasse
Der Name des Vechtaer Basketball-Vereins SC Rasta stammt noch aus den Gründungszeiten Ende der 1970er Jahre.
Damals bot der Sportlehrer und heutige Osnabrücker Universitätsdozent Waldemar Rudzinski am Vechtaer Gymnasium Antonianum eine Basketball-AG an. Schon früh feierten die Schüler Erfolge.
Zu der Zeit wurde häufig Bob Marleys Hit "Rastaman Vibration" gespielt. Da entstand die Idee, den Club nach dem Song zu benennen.
Nachgefragt wurde bei verschiedenen etablierten Vereinen, ob man eine Basketball-Abteilung aufmachen könne. Aber kein Verein erklärte sich dazu bereit.
Ein eigener Verein wurde gegründet, der unter dem Namen SC Rasta Vechta am 26. Juni 1978 in das Vereinsregister des Vechtaer Amtsgerichts eingetragen wurde.
Dass in der Vereinskasse genug Geld vorhanden ist, liegt unter anderem daran, dass im niedersächsischen Landkreis Vechta – inoffiziell auch Südoldenburg genannt – nicht nur gefeiert, sondern auch hart gearbeitet wird. So stammen sämtliche Sponsoren des Vereins aus der Region und sind mittelständische Unternehmen. Für die neue Saison in der Bundesliga müssen die nun tiefer in die Tasche greifen. „Der Etat wurde etwa verdoppelt“, sagt Themann. Rund 1,5 Millionen Euro stehen dem Verein in der kommenden Saison zur Verfügung.
Arbeiten und Feiern – das passt in Vechta gut zusammen. Auch beim SC Rasta Vechta, dem neuen Bundesligisten, der in der vergangenen Saison durch die ProA-Serie direkt auf den Meistertitel zumarschiert ist. „Das hätten wir vor drei Jahren nicht für möglich gehalten“, sagt Vorstand Themann.
Allerdings seien die Meisterschaft und der Aufstieg nicht nur der Erfolg einer einzigen Saison. „Der Erfolg ist mit vielen Faktoren verknüpft“, sagt Themann. Einer dieser Faktoren ist Trainer Pat Elzie, der seit November 2009 die Vechtaer Riesen trainiert. Mit ihm ist der SC Rasta Vechta drei Mal aufgestiegen.
Außerdem wichtig für den Erfolg: Bei Rasta kann man auf gewachsene Strukturen zurückgreifen. Viele Mitarbeiter sind zum Teil seit der Gründung Ende der 1970er Jahre im Verein aktiv. „Wir verstehen uns als eine große Familie“, sagt Themann. Der Verein genießt außerdem einen guten Ruf als Arbeitgeber, der seine Spieler pünktlich bezahlt und professionelle Rahmenbedingungen bietet. Deshalb habe man auch keine Probleme, Spieler hier in der niedersächsischen Kleinstadt zu verpflichten.
Mäzen als Clubchef
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der Rasta-Clubchef und Mäzen Stefan Niemeyer. Seit mehr als 20 Jahren ist der Unternehmer aus der Futtermittel-Branche der Lenker des Vereins. Er hat geholfen, den kleinen Verein aufzubauen – mit viel Geld und Engagement. So konnte das gelingen, was vielen anderen Clubs nicht gelingt: der Aufstieg eines Kleinstadt-Vereins in die Basketball-Bundesliga.
„Ich finde es sensationell, dass die Bayern jetzt lernen müssen, wo Vechta liegt“, sagt Claus Dalinghaus, Vechtas stellvertretender Bürgermeister. Der Verein mache bundesweit auf die Kreisstadt aufmerksam. „Das kann man gar nicht hoch genug einschätzen“, so Dalinghaus.
Dass der Bundesliga-Aufstieg überhaupt gelungen ist, hat auch mit Vechtas Bewohnern zu tun. Mitten in der norddeutschen Tiefebene, umgeben von Land- und Viehwirtschaft, die die Region prägen, liegt heute eine der reichsten Kommunen Deutschlands. Die Beschäftigungszahlen steigen stetig, händeringend werden Fachkräfte gesucht.
SC Rasta als Zugpferd
„Da ist Rasta natürlich ein Zugpferd, weil wir Fachkräften jetzt auch einen Bundesligaverein bieten können“, sagt Dalinghaus. „Nun denken vielleicht viele: Das kann kein unbedeutendes Dorf sein.“ Der ganze Landkreis Vechta glänzt außerdem mit Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenzahlen liegen unter vier Prozent. Auch bei den Steuereinnahmen ist der Kreis absolute Spitze.
Die Vechtaer können sich viel leisten – auch einen Club wie den SC Rasta Vechta. Und so verwundert es nicht, dass der Bau des Rasta Domes innerhalb kürzester Zeit über die Bühne gegangen ist. Mäzen Niemeyer ist in der Region eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit und hat das Gespräch mit der Politik gesucht. Bei der Stadt Vechta hat er mit seinem Anliegen, eine Sport- und Veranstaltungshalle zu bauen, offene Türen eingerannt.
„Wir brauchten und wollten eine große Halle und wenn dann noch ein Dritter Geld dazu gibt, kann man doch nicht Nein sagen“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Dalinghaus. Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Verantwortlichen bei Rasta Vechta nicht damit gerechnet haben, dass der Aufstieg in die Basketball-Bundesliga so schnell gelingen werde. Denn für die erste Liga muss die ganz neue Halle nun von 2.000 auf 3.000 Plätze erweitert werden. „Das läuft jetzt mit Hochdruck und ich hoffe, dass wir bis Mitte September fertig sind“, sagt Clubchef Niemeyer.
Am 6. Oktober steht das erste Spiel an. Mit der Hallenerweiterung steigt auch die Zahl der Dauerkarten von 800 auf 2.000. Deshalb hoffen die Verantwortlichen beim SC Rasta Vechta, dass die Euphorie der Fans auch in der kommenden Saison erhalten bleibt.
„Vechta ist heiß und hungrig auf einen höherwertigen Sport“, sagt Themann. Deshalb rechnet er sich vor allem in der eigenen Halle auch Siege aus. „Die Euphorie trägt die Spieler“, sagt er. Und zur Euphorie gehört eben auch das Feiern nach den Spielen.
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