Basketball-Hoffnung Peter Fehse: Karriere im Konjunktiv
Peter Fehse war eine große Verheißung des deutschen Basketballs - und wollte in die US-Profiliga NBA. Heute wäre er froh, in der Bundesliga mitspielen zu können.
"Schnell, beweglich, geschmeidig, all das bei einer Größe von über 2,10 Meter, dazu ein guter Wurf", es klingt, als spreche Fritz Espenhahn von Dirk Nowitzki. Doch der Basketball-Trainer vom Sportgymnasium Halle meint jemand anderes: Peter Fehse. Im Sommer 2002 sicherten sich die Seattle SuperSonics die Rechte an dem damals 19-jährigen Hallenser im NBA-Draft, der größten Talentbörse des Basketballs. Die Sonics vertrauten auf das Urteil ihrer Scouts, denen Fehse nicht zuletzt wegen seiner Ähnlichkeit mit Nowitzki auffiel. Es schien, als könnte Fehse der nächste Deutsche sein, der in der besten Basketballliga der Welt spielt.
Doch Fehses viel versprechende Karriere ist ins Stocken geraten. In die NBA hat er es nicht geschafft. Seit einem Jahr hat er selbst in der Bundesliga kein Pflichtspiel mehr bestritten. Fehse ist verletzt, mal wieder. "Es war einfach ein sportlich nicht allzu guter Lebensabschnitt", sagt er und versucht, es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen. So gut es eben geht bei seiner Körperlänge. Die Krücken stehen in Reichweite. Im Januar wurde er an der Achillessehne operiert, zuvor hatte er viele Monate lang Schmerzen. Das Wohnzimmer seiner Braunschweiger Neubauwohnung wird bestimmt von Familienfotos. Bilder oder Poster vom Basketball gibt es keine. Fehse ist erwachsen, seit einem halben Jahr verheiratet und Vater einer jungen Tochter. In Braunschweig hat er sich niedergelassen. Doch nun will er auch wieder spielen: "Es fehlt mir etwas, wo ich mich einbringen kann." Er redet über seine Leidenszeit, bedächtig langsam und mit ruhiger Stimme. Er klingt dabei, verblüffend, wie Dirk Nowitzki. Und wie jener, so hätte es auch Fehse weit bringen können.
In Halle schwärmen sie noch heute von dem langen Jungen. Fritz Espenhahn sagt: "Er hatte schon ein riesiges Potenzial, selbst diese Geschichte mit der NBA war gar nicht zu hoch gegriffen." Doch schon damals habe Fehse maximal zwei Drittel der Trainingszeiten nutzen können: "Den konnte man gar nicht hart drannehmen. Immer wieder war er krank oder verletzt." Asthma, Bänderrisse, Gehirnerschütterungen, Nasenbrüche, Prellungen. Im Grunde hat Fehse keine Malaise ausgelassen. "Er war schon ein wenig weich", sagt Espenhahn schließlich. Wen man auch spricht, es dauert nicht lange, bis Fehses schier endloses Verletzungspech zur Sprache kommt: Regelmäßig hat er aussetzen müssen - im Training und bei Spielen. So konnte er sich nie stetig auf hohem Niveau bewähren und verbessern.
Doch Fehses Karriereknick lässt sich nicht nur körperlich erklären. Holger Geschwindner, Macher, Manager und Mentor von Nowitzki, weiß, wie man einen Spieler formt. Auch auf den jungen Fehse wird er aufmerksam, im Sommer 2002. Er lädt ihn zu einem privaten Training ein, "aber der [Fehse] hat das selber versaubeutelt". Geschwindner ist knapp angebunden. Viel mehr hat er zu Fehse nicht zu sagen. Er sagt dann noch, wie er sich an den "Medienzirkus" erinnert: "Wegen Basketball war der doch gar nicht hier." In dem Gespräch wird klar, dass Geschwindner bei Fehse den unbedingten Willen vermisste, alles den sportlichen Zielen unterzuordnen. Erinnerungsfotos und Homestorys für Boulevardzeitungen - das blieb bei Geschwindner haften. Fehse war in dieser frühen Phase überfordert. Plötzlich kannte man seinen Namen. "Ich kann mich gar nicht mehr richtig erinnern, wie das alles damals genau war. Auf einmal haben unglaublich viele Leute und Vereine angerufen, täglich." Von einem Jugendturnier weg unterschreibt Fehse zuerst bei einem italienischen Berater, dann beim italienischen Topteam Benetton Treviso.
"Will mich beweisen"
"Wenn er mich gefragt hätte, hätte ich ihm geraten, noch ein, zwei Jahre zu warten und sich hier in Ruhe zu entwickeln", sagt Martin Pelzl heute, der Fehse damals in Halle trainierte. "Vielleicht hat ihm auch jemand gefehlt, der ihm bei den wichtigen Entscheidungen hilft, eine Vaterfigur." Fehses Vater starb, als Peter noch ein Jugendlicher war.
In Treviso sollte Fehse nie spielen. Nach einjährigen Abstechern nach Frankfurt und Weißenfels kam er schließlich nach Braunschweig. In die Bundesliga hatte er es problemlos geschafft. Doch bereits vor seiner schweren Achillessehnen-Verletzung nahm die Spielzeit von Fehse stetig ab. Immer seltener setzten seine Trainer auf die Fähigkeiten des labilen Jungen. Sie vertrauten in den wichtigen Momenten lieber ausländischen Spielern. Frank Menz, Trainer der A2-Nationalmannschaft, bedauert diese Entwicklung. Er hat Fehse mehrfach nominiert und bei Lehrgängen trainiert, wenn der denn mal gesund war. Nun zählt Menz einige deutsche talentierte Spieler auf, denen in der Bundesliga amerikanische College-Boys vorgezogen werden: "Das ist diese individuelle Spielkultur. Die Amerikaner spielen athletischer, härter und mit höherem Tempo. Da haben es unsere einheimischen Jungs einfach schwer." Fehse hat die lange Pause genutzt; viel für seine Kraft getan, sein Asthma therapieren lassen.
Nun wäre er froh, wieder für Braunschweig spielen zukönnen. "Ich will mich endlich in der Bundesliga beweisen", sagt er. Seine früheren Trainer Espenhahn, Menz und Pelzl können sich allesamt vorstellen, dass Fehse in der Bundesliga, vielleicht sogar in der Nationalmannschaft bestehen kann, wenn er mal "ein, zwei Jahre verletzungsfrei bleibt". Peter Fehse hat auch mit dem Traum eines jeden Basketballers noch nicht ganz abgeschlossen: "Realistisch liegt das derzeit in weiter Ferne, aber aus den Augen werde ich die NBA nie verlieren." Zu dicht war er dran. "Dirk kann doch nicht der letzte Deutsche in der NBA sein. Das geht doch gar nicht."
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