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Archiv-Artikel

„Barrierefrei“ nur leeres Geschwätz

betr.: „Zäher Kampf um gleiche Rechte“, taz vom 9.1.2004

Im Zuge des Streckenausbaus Köln-Düren wurde im „Jahr der Behinderten“ 2003 der Bahnhof Ehrenfeld (über 300 Züge und S-Bahnen pro Tag) komplett neu gebaut. Erwartungen auf wenigstens zufrieden stellende Barrierefreiheit wurden enttäuscht: Zwar weisen die Aufgänge an der Venloer Straße je einen kleinen Aufzug auf, doch die beiden Zugänge am Ehrenfeldgürtel haben nur Treppen. An diesen Ausgängen, die von fast der Hälfte der Reisenden benutzt werden und die als Umsteigewege in Bus und Linie 13 ausgeschildert sind, kann man täglich beobachten, wie Koffer, Rollstühle, Kinderwagen, Fahrräder und Kleinkinder über die 48 beziehungsweise 49 Stufen getragen werden und sich ältere und gehbehinderte Menschen an den Treppen abmühen. Die Barriere entspricht hier einem dreistöckigen Haus! Nicht einmal Aussparungen in der neu gegossenen Betondecke zur späteren Nachrüstung hat man vorgesehen. Auch keine Fahrradrillen an den Treppen.

Vermutlich gilt der Bahnhof Ehrenfeld offiziell als barrierefrei, da sich ja am anderen Ende (225 Meter Luftlinie entfernt) die besagten beiden Aufzüge befinden. Welch ein Hohn für Menschen mit Gepäck oder Behinderung – als sei das eine Alternative (zumal nirgendwo angezeigt wird, dass sich dort Aufzüge befinden).

Auf meine Nachfrage bei der Stadt Köln hieß es, die Deutsche Bahn AG sei ein Privatunternehmen, daher habe man beim Bau keine Auflagen machen können. So baut also dieses „Privatunternehmen“, dessen Aktien zu 100 % dem Staat gehören, mit Steuergeldern nach eigenem Gutdünken und gießt für die nächsten Jahrzehnte Ausbaustandards in Beton, die mir Angst vor meinem eigenen Altwerden machen. Und entlarvt die schönen Worte vom „barrierefreien Zugang zu Verkehrsanlagen für alle“ (Leitbild Köln 2020) als leeres Geschwätz.

Klaus-C. van den Kerkhoff, Köln

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