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LesetippBarentsregion

Eine junge Kommunistin flieht vor den Nazis in den Norden und verliebt sich dort in einen finnischen Gutsbesitzer. „Schlechter wurde die Straße, die nun holprig durch den Wald führte, einen Wald ohne Ende, wie es schien, er breitete sich unübersehbar. Seine Weite unterbrach keine Lichtung und keine Wiese, nur zuweilen ein Gewässer, ein sanft fließendes, oder ein kleiner See, der blaugrau zwischen dem dunklen Grün der Tannen aufschimmerte. Sie kamen durch keine Dörfer mehr, begegnetem keinem Wagen, fast keinem Menschen. ,Ich bin noch nie in eine Gegend gekommen, in der es so wenig Menschen gibt‘, sagte Johanna. Ein alter Mann, der Holz auf seinem Rücken trug, humpelte ihnen entgegen. ,Das ist nur ein Vorgeschmack‘, antwortete Karin, den Blick geradeaus, auf der Straße. „Ja, an Platz ist kein Mangel hier, es gibt unendlich viel Platz...“Klaus Mann: „Flucht in den Norden“. Rowohlt Verlag, Reinbek 1981, 251 Seiten, 10 Mark

Wenn ein Polarjäger auf einer Eisscholle abtreibt, so geht eine Sage der Tschuktschen, wird er zum Teryky, zum fellbewachsenen Ungeheuer. Kehrt er zurück, ist es die Pflicht der Menschen, ihn zu töten. Natürlich glaubt längst niemand mehr an diese Legende. Als der Robbenjäger Goigoi auf einer Eisfläche ins Meer hinaustreibt, ist sein einziges Bestreben, zu seiner Geliebten und seiner Familie zurückzukehren. Nach langen Wochen der Verzweiflung und des Hungers erreicht er wieder Land – und erblickt entsetzt sein Spiegelbild in einer Pfütze. Voller Entsetzen: Er ist zum Teryky geworden.Juri Rytcheu: „Teryky“. Unionsverlag, Zürich 1996, 171 Seiten, 14,80 Mark

Die Barentsregion war immer wieder Schauplatz großer Schlachten. Im Zweiten Weltkrieg spielte das Gebiet eine wichtige Rolle, weil die russischen Kampftruppen nur über die eisfreien Häfen von den Alliierten versorgt werden konnten. Die deutsche Wehrmacht hielt das norwegische Kirkenes besetzt. Der finnisch-norwegische Friedensvertrag sah unter anderem den Abzug der Wehrmacht vor, die sich jedoch nicht daran hielt. Die Frauen und Kinder der Samen, die Ureinwohner der Barents-Region, die keinen Krieg kannten, wurden evakuiert.

Viele der Männer versteckten sich mit ihren Rentierherden, als sie zur Armee eingezogen werden sollten. Das auswegslose Schicksal, die Bedrohung dieser Menschen, am Beispiel von Sofe und ihren Kindern, wird in dem Roman „Zeichen der Zerstörung“ geschildert.Kirsti Paltto: „ Zeichen der Zerstörung“. Persona Verlag, Mannheim 1997, 380 Seiten, 41 Mark.

Eine Hörempfehlung: Girls Of Angeli – „The New Voice Of North“. „Ein akustisches Wörterbuch zur Kommunikation zwischen samischen Hirten, Rentieren und den ewigen Wind über den Hügeln der Tundra“.bw

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