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Barbara Oertel über die Wahlrechtsreform in GeorgienTeilsieg für die Bewegung

Nicht zuletzt dem vollen Körpereinsatz ausländischer Diplomaten ist es zu verdanken, dass sich Regierung und Opposition in Georgien endlich auf eine längst überfällige Reform des Wahlrechts geeinigt haben. Doch allen positiven Reaktionen zum Trotz sollte dabei eines nicht vergessen werden: Der Preis dafür war hoch. Man erinnere sich nur an die brutalen Polizeieinsätze mit Hunderten von Festnahmen und Verletzten bei Massenprotesten im vergangenen Jahr – zwei Demonstranten bezahlten ihr Engagement mit dem Verlust des Augenlichts.

Dennoch kann die Bewegung den jüngsten Kompromiss zumindest als einen Teilsieg verbuchen. Das ist nicht wenig in einer Region wie dem Südkaukasus, wo sich die Machthaber in Armenien gerade an der grassierenden Korruption abarbeiten und Aserbaidschans Dauerherrscher Ilham Alijew erst vor wenigen Wochen wieder einmal eine Wahl gefälscht hat.

Zwar soll es in Georgien auch künftig kein reines Verhältniswahlrecht geben. Die jetzt vereinbarte Mischform könnte aber dafür sorgen, dass die Regierungspartei Georgischer Traum nicht wieder durchmarschiert und deren Chef, der steinreiche Oligarch Bidzina Iwanischwili, ein ganzes Volk in Geiselhaft nimmt. Auch die Absenkung der Sperrklausel von fünf auf ein Prozent dürfte denjenigen entgegenkommen, die zu Recht monieren, dass viele WählerInnen im Parlament keine Stimme haben.

Doch ein Wahlrecht allein macht noch keine Demokratie. Nach wie vor ist die politische Parteienlandschaft in Georgien extrem polarisiert. Führende Politiker haben sich bislang eher durch die Verfolgung ihrer eigenen Interessen denn die Fähigkeit hervorgetan, konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Die erste Nagelprobe dürfte die Wahl im kommenden Herbst werden – besonders dann, wenn im Parlament eine Vielzahl von Gruppierungen vertreten sein wird und die siegreiche Partei einen Koalitionspartner braucht. Die Demonstranten werden jetzt erst einmal die Füße still halten. Das heißt jedoch nicht, dass das auch so bleibt.

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