Barack Obama ist Präsident der USA: Ein Tag zum Dabeisein

Zwei Millionen Menschen erwartet Washington bei den Feierlichkeiten zur Amtseinführung von Barack Obama. Wer sich durch die Stadt bewegt, spürt: Es ist der Beginn einer neuen Ära.

Zum Sonnenaufgang füllt sich die National Mall mit tausenden Menschen. Hier verdichtet sich auf vier Kilometer Länge und 91 Meter Breite die Geschichte der USA. Bild: dpa

Washington steht seit Tagen Kopf. Aufgekratzte Polittouristen kaufen, fotografieren und essen alles, worauf Obama steht oder zu sehen ist. Und das ist eine ganze Menge: Autofahnen und Schokoriegel, Häuserwände und Weinflaschen, oft kombiniert mit dem Motto der Vereidigungsparty. "Hope" lautet es schlicht, Hoffnung.

Die aus den gesamtem USA und dem Ausland angereisten Touristen - zwei Millionen werden an diesem Tag erwartet - wollen dabei sein an diesem historischen Tag. "Es ist Wahnsinn, ich bin so stolz auf Amerika, versichern sich vorbeigehende ältere Damen mit Pelzmütze gegenseitig. Sie steuern in der U-Street zielstrebig auf den berühmten Imbiss "Bens Chili Bowl" zu.

Bis in die Sechzigerjahre war die U-Street der "schwarzer Broadway", an dem Stars wie Duke Ellington, Dizzy Gillespie und Louis Armstrong zu sehen waren. Nach der Ermordung Martin Luther Kings und den darauf folgenden gewalttätigen Straßenschlachten verfiel der Boulevard. Jahrzehntelang war er No-go-Area für Weiße. Nun sind sie plötzlich alle wieder da - und auf der Suche nach etwas, das sich feiern lässt.

Inmitten der hippen Bars und Cafés, die hier im letzten Jahr eröffneten, sucht man Bestätigung dafür, dass wieder alles gut werden kann. An der Wand eines verfallenden Backsteinhauses hat jemand ein überlebensgroßes Obama-Porträt im Dreifarbdruck angebracht, wie es der Künstler Sheperd Fairey entwarf und damit weltberühmt wurde. Menschentrauben stehen davor und fotografieren sich. Jeder will mal, alle sind lieb zueinander. Eine ältere schwarze Dame führt Besucher durch das kleine Museum des ersten schwarzen YMCAs der Stadt, obwohl Ruhetag ist. "Das macht doch nichts", sagt sie. "Sie sind doch extra wegen Obama gekommen, da kann ich Sie doch nicht draußen stehen lassen."

Chinesen, Mexikaner und junge Schwarze stehen auf den Bürgersteigen und verkaufen T-Shirts mit allen erdenklichen Obama-Motiven. Eines zeigt den 44. Präsidenten als Boxer, wie er den Republikaner John McCain, am Boden liegend, k. o. geschlagen hat. Junge Frauen haben sich kokett Obama-Buttons an den Ausschnitt geheftet und Restaurants bieten Menüs zur Amtseinführung und Obama-Cocktails an.

Dass der bisherige Präsident, George W. Bush in diesen Tagen still aus dem Weißen Haus ausgezogen ist, interessiert gar nicht mehr. Er ist längst Geschichte. Nur die Friedensaktivisten von Code Pink stehen noch bis zur letzten Minute der Bush-Amtszeit vor dem Weißen Haus und werfen in Nachahmung des irakischen Journalisten Schuhe gegen das Eingangstor. Sie lachen und johlen. Es hat mehr etwas von einer sportlichen Übung. Zur Lockerung der tauben Glieder nach einem langen Winter.

"We shall overcome" trällert ein glücklicher junger Student. Und ein anderer stimmt in die Hymne der Bürgerrechtsbewegung ein. Passanten summen mit, klatschen. Dass sofort ein Paar patrouillierender Polizistinnen in Zivil neugierig werden, stört hier nicht. Die ganze Stadt ist voller Menschen in Uniform. 40.000 Polizisten sind zugange, kaum dass einem unbemerkt der Rucksack offen steht, sind sie auch schon neben einem und sagen gut gelaunt, "Passen Sie gut auf sich auf!"

Sicherheit, das ist nach der Feier des historischen Augenblicks das zweitwichtigste Wort an diesem Tag. "Obama sollte gar nicht draußen herumlaufen, oh mein Gott, nicht auszudenken, wenn ihm etwas zustoßen sollte", sorgt sich ein älterer Mann aus Florida. Wer zum Staatsakt in den weiträumig abgesperrten Bereich um das Kapitol und die sich anschließende Prachtmeile National Mall will, muss Getränke, Kameras und Rucksack zu Hause lassen. Denn die Liste der vom FBI verbotenen Gegenstände ist ellenlang.

Doch davon lassen sich die hunderttausende Fans, die sich bei eisigen Temperaturen am frühen Morgen auf den Weg nach Washington zur Amtseinführung des neuen Präsidenten gemacht haben, nicht entmutigen. Schon seit vier Uhr morgens sind U-Bahnen und Parkplätze in den Vororten gefüllt. Zum Sonnenaufgang füllt sich die National Mall mit tausenden Menschen.

Hier verdichtet sich auf vier Kilometer Länge und 91 Meter Breite die Geschichte der USA. Er erinnert an die großen Bewährungsproben des Landes. Im Westen der Mall steht das Lincoln Memorial, in dem Abraham Lincoln, der Präsident des Bürgerkriegs, überdimensioniert thront. Von dort gelangt man zum zentral gelegenen Washington Monument zu Ehren der Unabhängigkeit Amerikas und des ersten amerikanischen Präsidenten George Washington. An den Seiten gibt es Orte der Erinnerung an Kriege: Zweiter Weltkrieg, Korea, Vietnam. Im Osten schließlich ist das Kapitol, der Amtssitz des Kongresses.

Gegen 18 Uhr Ortszeit ist es so weit. Auf den einst von Sklaven erbauten Treppen des Kapitols beginnt eine neue historische Etappe: Der 44. Präsident der USA, Barack Obama, wird vereidigt. Er spricht die in der Verfassung vorgeschriebenen Worte: "Ich gelobe feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausüben und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften erhalten, schützen und verteidigen werde."

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