Bankraub in Steglitz: Senioren steigen Bank aufs Dach
Ein Jahr nach dem Steglitzer Tunnelcoup demonstrieren meist ältere Opfer gegen die Volksbank. Sie fordern Ersatz für die geraubten Werte.
„Haben Sie kein schlechtes Gewissen?“ blafft ein älterer Mann mit Hörgerät einen Polizisten an, „Sie haben in einem Jahr nicht einen einzigen Hinweis gefunden.“ Seine Stimme ist altersbedingt etwas schwach, trotzdem klingt sie scharf. Er ist keine Ausnahme, fast alle der rund 50 Demonstranten vor dieser Volksbank-Filiale in Steglitz sind weit über 60. Der Polizist verteidigt sich: „Ich weiß über die Ermittlungen so wenig wie Sie.“
Am Dienstag rief die „Interessengemeinschaft Tunnelraub“ zu einer Demonstration gegen die Volksbank auf. Vor exakt einem Jahr hatten bislang unbekannte Täter einen 45 Meter langen Tunnel in den Keller der Filiale gegraben und 249 Schließfächer geplündert. Der Wert des Inhalts nach Polizeischätzungen: etwa zehn Millionen Euro. Rund 1.500 Fundstücke und eine unbekannte Summe Bargeld liegen noch in der Volksbank und konnten von ihr keinem Kunden zugeordnet werden. „Weil die Schmuckstücke zu verkohlt sind, um identifiziert zu werden“, meint am Dienstag eine Demonstrantin in Pelzjacke. „Viele wissen nicht, was in ihrem Schließfach genau drin war“, vermutet eine andere. Die Betroffenen fordern eine Entschädigung und die Einsicht in die Liste aller Fundstücke.
Die Bank schweigt
„Jede Parkbank ist besser als die Volksbank!“, ruft Yewgeni Trumpfheller. Er und sein Mann hatten in ihrem Schließfach Gold- und Silbermünzen gelagert. Sie ärgern sich über die Unehrlichkeit der Bank. Kurz nach dem Überfall hätten sie drei Briefe von ihr erhalten: Der erste Brief besagte, ihr Schließfach sei betroffen, der zweite, sie seien doch nicht betroffen und der dritte wiederum, dass sie betroffen seien und ihr Fach leer wäre. „Mehr haben wir seitdem nicht erfahren, zurückbekommen haben wir nichts.“
Die Volksbank habe sich bislang nicht dazu geäußert, wie sie mit den verbliebenen Fundstücken verfahren wolle und inwiefern sie die Betroffenen entschädigen werde, sagt Roland Sieben, Sprecher der Initiative Interessengemeinschaft Tunnelraub. Die Bank hatte im Vorfeld die Entschädigung aller Betroffenen abgelehnt: Nur wer sich versichert habe, bekomme Ersatz.
Um Punkt zwölf ruft jemand durch ein Megaphon: „Die Plakatträger bitte zu den Transparenten!“ Einige ältere Herren und Damen in Pelzjacken, mit Lippenstift und Perlenohrringen, halten daraufhin drei große Plakate hoch. Das Megaphon wird herumgereicht. Jeder kann Forderungen hineinrufen, viele haben darin keine Erfahrung und der Lautsprecher bleibt aus. „Genug des Schweigens. Wir fordern die Herausgabe der Fundstücke“, wird mehrfach ins Megaphon gebrüllt, egal ob an oder aus. Trillerpfeifen und Sirenengeheul folgen. Es geht zur Sache.
Melanie Sieben, Tochter des Sprechers, hält jedem Demonstranten ein Orignalschließfach aus dem Antiquitätenladen ihres Vaters hin. Goldmünzen aus Schokolade liegen darin. „Wenn die Bank nichts verteilt, dann verschenken wir eben was“, sagt sie stolz. Eifrig lächelt sie in viele Kameras und schüttelt die Münzen in der Metallkiste, sodass es klappert. „Mein Vater hat 90 Goldmünzen verloren“, erzählt sie, „das ist ein großer Teil seiner Altersvorsorge. Nur zehn davon haben wir wiederbekommen.“
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