Banken sollen Zinssätze manipuliert haben: Razzien bei Finanzkonzernen
In Europa soll es illegale Absprachen über Zinssätze gegeben haben. Die EU-Wettbewerbshüter verdächtigen unter anderem eine Reihe von deutschen Banken.
BRÜSSEL/FRANKFURT/M. rtr/afp | Die Kommission der Europäischen Union hat sich mehrere Großbanken wegen möglicher Zinsmanipulationen vorgeknöpft. Etliche auf dem Derivate-Markt tätige Finanzkonzerne seien durchsucht worden, teilte die Kommission am Mittwoch mit.
Dabei gehe die Behörde dem Verdacht nach, dass es im Zusammenhang mit dem Euribor-Zins zu einem Marktkartell gekommen sei. Möglicherweise sei das EU-Wettbewerbsrecht verletzt worden, erklärte die Behörde. Sollten die Vorwürfe belegt werden, drohen den Geldhäusern Bußen bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes.
Namen der betroffenen Unternehmen wollten die Wettbewerbshüter zwar nicht nennen. Finanzkreisen zufolge wurde am Dienstag unter anderem die Londoner Niederlassung der Deutschen Bank durchsucht. Der deutsche Branchenprimus und die Commerzbank lehnten eine Stellungnahme ab. Auch die EU-Kommission hielt sich am Mittwoch bedeckt.
Konkret geht es um den Handel mit Wertpapieren, für die der sogenannte Euribor einen Referenzwert darstellt. Euribor steht für "Euro Interbank Offered rate" und gibt den Zinssatz für Termingelder wieder, die sich Banken untereinander beim Handel von Einlagen mit einer festgelegten Laufzeit von einer Woche bis zwölf Monate verlangen. Er ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze. Die Euribor-Werte werden auch als Berechnungsgrundlage für andere Zinsprodukte wie etwa Swaps oder Futures genutzt.
Die Bankenorganisation Euribor-EBF sagte den Ermittlern ihre Unterstützung zu. Man sei zuversichtlich, dass es bei der Bildung des Euribor-Zins keine Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Allein die große Anzahl der beteiligten Banken macht nach Ansicht von Euribor-EBF eine Manipulation des Zinssatzes unmöglich. Euribor-EBF ist eine Unterorganisation des Europäischen Bankenverbands und errechnet auf Basis der Informationen von 44 europäischen Banken den Euribor-Zinssatz.
Es ist nicht das erste Mal, dass Banken ins Visier der Regulierer geraten. So gab es im März internationale Ermittlungen wegen angeblicher Manipulationen am Libor-Zinssatz (London Interbank Offered Rate). Damals standen laut informierten Kreisen Großbanken wie Barclays, UBS und Citigroup im Fokus.
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