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Archiv-Artikel

Balkan

Neue Reiseführer

Nachdem der Berliner Trescher Verlag im vergangenen Jahr bereits die ersten Reisebücher über Bosnien-Herzegowina und Kosovo herausgebracht hat, gibt es nun weitere Balkan-Führer. „Makedonien entdecken“ aus dem Hause Trescher zeigt anschaulich, wie viel das Gebiet zwischen Griechenland, Bulgarien, Kosovo und Serbien touristisch zu bieten hat. Neben einer turbulenten Historie, die vom großen Alexander über das orthodoxe Mittelalter und das Osmanische Reich bis hin zur sozialistischen Titozeit reicht, locken im Land auch vielerlei Freizeitvergnügen: Klettern, Wandern, Angeln, Baden, Bootstouren, Konzerte und kulinarische Spezialitäten des Südbalkans. Für Autoren ist es im Süden des Balkans nicht eben einfach, brauchbare Informationen zu bekommen: Das einheimische Schrifttum besteht zumeist aus patriotisch-nationalistischem Gefasel. Dass man sich über das eigene Land auch kritisch äußern kann, ist weitgehend unbekannt. Schwierigkeiten bereitet auch das Beschaffen von Kartenmaterial, speziell von Stadtplänen, die es für viele makedonische Städte schlicht und ergreifend nicht gibt. Von Wanderkarten ganz zu schweigen. Trotz all dieser Probleme ist der Autorin Philine von Oppeln ein detailgenauer Reiseführer gelungen.

Das gilt für zweite Trescher-Neuerscheinung, „Serbien entdecken“, nur bedingt. Der Guide ist vor allem für Historiker und Kunstgeschichtler interessant. Kapitel über Geschichte, mittelalterliche Klöster und Ikonenmalerei sind ungewöhnlich lang. Die Ignoranz, die Autorin Brigitta Gabriela Hannover dem zeitgenössischem Serbien gegenüber an den Tag legt, gipfelt in der Nennung der Achtziger-Jahre-Kultband Riblja Čorba als „eine der populärsten Bands“ im Erscheinungsjahr 2006 und der Einstufung des Turbo-Folk-Stars Caca Ražnatović als „Rocksängerin“ in insgesamt drei Zeilen zum Thema Popmusik. Die Museen Belgrads werden komplett genannt, genauso wie die historischen Bauwerke in der Vojvodina-Metropole Novi Sad. Verweise auf Kabaretts, Nachtclubs, Diskotheken oder Kneipen dagegen fehlen. „Serbien entdecken“ ist somit für Geschichts- und Kulturreisende eine höchst lohnende Anschaffung. Andere Touristen müssen weiter auf einen Guide durch Serbien warten.

Da haben es Istrien-Besucher besser. Einerseits sind seit Jahren einige gute Führer über die Halbinsel im äußersten Westen Exjugoslawiens zu haben. Andererseits hat Lore Marr-Bieger gerade einen weiteren sehr handlichen Istrien-Guide herausgebracht. Die beim Erlanger Michael Müller Verlag erschienen 250 Seiten bieten einen guten Überblick über alle Aspekte, die Istrien-Touristen interessieren.

Eine positive Überraschung ist der neue „Marco Polo Montenegro“. Bei aller Kürze bietet das Büchlein eine Menge Infos, die in vielen dickeren Guides fehlen. So findet sich bereits im Stichworte-Verzeichnis die Eintragung „Schmuggel“ – ein Business, das in Montenegro tatsächlich eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt –, aber auch zu „Turbo-Folk“, dem Sound, der Serbien und Montenegro seit mehr als zehn Jahren musikalisch prägt. RÜDIGER ROSSIG

Philine von Oppeln: „Makedonien entdecken“. Trescher Verlag, Berlin, 280 S., 16,95 Euro Brigitta Gabriela Hannover: „Serbien entdecken“. Trescher Verlag Berlin, 470 S., 14,95 Euro Lore Marr-Bieger: „Istrien“. Michael Müller Verlag, Erlangen, 250 S., 15,90 Euro „Marco Polo Montenegro“. 120 S., 8,95 Euro