: Bäderpreise machen die Bahn frei
Das schöne Wetter lockt die Hauptstädter nicht wie sonst in die Freibäder – der hohen Preise wegen. Während es offiziell heißt, ein Rückgang von 20 Prozent sei kalkuliert, zählt das Personal ein Minus von mehr als 50 Prozent
Der Himmel ist blau, die Sonne lacht. Der Herrgott hat nicht nur mit den Kirchentagsbesuchern Erbarmen, sondern auch mit den Berliner Bäder-Betrieben (BBB). Dem landeseigenen Unternehmen steht das Wasser bis zum Halse, seit ihm vom Senat stetig weiter die Zuschüsse gekürzt werden. Die gesalzenen Eintrittspreise von 4 Euro haben ein Übriges getan, um die Badeanstalten zu leeren.
Der Einzige, der die Einnahmen nach oben treiben könnte, ist somit Petrus. „Wenn es mehr als drei Tage über 27 Grad warm ist, kommen die Leute“, sagt der Sprecher der Bäderbetriebe, Hans Joachim Munte, und beruft sich auf Erfahrungswerte. Gestern sah es noch nicht danach aus. „Ungefähr 2.000 Besucher sind da, früher waren bei so einem Wetter bestimmt 5.000 da“, sagt ein Angestellter des Sommerbades Wilmersdorf.
Auch das Kreuzberger Prinzenbad war gut frequentiert, aber nicht voll. Nach den vergangenen trüben Wochen lässt jede zusätzliche Badekappe in den Becken den Schwimmmeistern das Herz hüpfen. „Früher kamen bei Regen immer 400 bis 500 Leute pro Tag. Jetzt sind es vielleicht noch 200“, erzählt ein Insider. Die Preise seien einfach zu hoch. Selbst die Stammkunden blieben weg, seit es es keine Saisonkarten mehr gebe.
„Die Erwachsenen wandern in die Fitness-Studios ab und die Jugendlichen versuchen zu bescheißen, wo sie können“, erzählt einer, der es wissen muss. Auf die meisten Tricks fällt das Personal allerdings nicht mehr rein. „Kann ich mal ganz kurz ins Bad, ich muss meine kleine Schwester holen“, versuchte ein junger Mann unlängst die Kassiererin des Prinzenbades zu umgarnen. „Wir rufen sie über Lautsprecher aus, wie lautet ihr Name?“, erkundigte sich die Frau kühl. Der Junge suchte wortlos das Weite. „Das Spiel kenn ich. Hinten am Zaun hat er seine Badesachen versteckt“, feixt die Kassiererin.
Die Lage der Bäder sei nicht rosig, gibt BBB-Sprecher Munte zu. Aber es sei schlichtweg gelogen, wenn jemand behaupte, die Preiserhöhung vom Vorjahr habe die Misere verschlimmert. Von vornherein sei dabei ein Besucherrückgang von 20 Prozent einkalkuliert worden. „Wir haben seit der Tariferhöhung einiges mehr eingenommen als vorher, obwohl wir Besucher verloren haben“, sagt Munte. Genaue Zahlen will er nicht nennen, solange die Bilanz nicht vom Aufsichtsrat abgesegnet ist, der im Juni tagt. Mit der Einführung des verbilligten Früh- und Spättarifs sowie der Familienkarte hätten die BBB aber unter Beweis gestellt, dass sie ein kundenfreundliches Unternehmen seien. Ausgeschlossen sei aber, dass die Saisonkarte wieder eingeführt werde, betont Munte, sie rechne sich nicht. Manche Schwimmer hätten die Karte bis zu 20-mal pro Woche benutzt, was einem Eintrittspreis von unter 50 Cent entspreche.
2003 bekommen die BBB vom Senat noch 37,6 Millionen Euro Zuschuss. Er soll in den kommenden Jahren jeweils um 2 Millionen gekürzt werden. Im Hinblick darauf seien weitere Bäderschließungen nicht ausgeschlossen, so Munte. Er selbst wird das nicht mehr rechtfertigen müssen. Er geht heute in Pension.
PLUTIONA PLARRE