Bachelor macht keine Reiselust: Zahl der Austauschstudenten stagniert
Der Bachelor sollte den Studierenden das Reisen leichter machen. Doch nach einem kurzen Boom ist die Reiselust vergangen - weil der neue Studiengang "Freiräume verschließt".
![](https://taz.de/picture/386197/14/Studis_01.jpg)
Europas Studierende sollten heiter reisen. Dafür wurde extra die größte Studienreform seit der Erfindung der modernen Universität begonnen, die Einführung von Bachelorstudiengängen bis zum Ural. An Deutschlands Unis scheint die Reform aber nach hinten loszugehen. Statt der erwarteten Mobilitätsexplosion in Deutschland stagnieren die Zahlen der deutschen Studis, die ins Ausland streben - angeblich weil der Bachelor sie daran hindert.
Von 2000 bis 2005 stiegen die Zahlen der studentischen Wandervögel kontinuierlich an. Um insgesamt 69 Prozent ging es hoch auf knapp 24.000 Studierende. Im Jahr 2006 die Stagnation, erstmals verharrte die Zahl der Studierenden, die mit dem Erasmus-Programm ins Ausland gehen.
"Zwar sind Deutschlands Studierende im Vergleich zu anderen Industrieländern durchaus mobil, aber die neuen Trends lassen uns aufschrecken", sagte Stefan Hormuth, Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.
Für deutsche Studierende sieht der DAAD in der mangelhaften Umsetzung des Bologna-Prozesses zur Reform der europäischen Hochschulen das größte Mobilitätshindernis: "Die neuen Studiengänge Bachelor und Master haben viele Freiheitsräume für Studierende verschlossen", sagte DAAD-Generalsekretär Christian Bode. "Die Möglichkeiten, spontan oder längerfristig ins Ausland zu gehen, sind in der heutigen Studienstruktur oft nicht mehr gegeben."
Erklärtes Ziel der europäischen Bildungsminister ist aber, im Rahmen des Bologna-Prozesses die Mobilitätsquoten der Studierenden zu erhöhen. Daher will der DAAD jetzt mit seinem Aktionsprogramm "Qualität durch Internationalität" in die Offensive gehen: Bis 2012 soll jeder zweite Studierende in Deutschland einen längeren Auslandsaufenthalt in seinem Studium realisieren. Bislang geht etwa ein Drittel aller Studierenden länger ins Ausland.
Um aus den Studierenden die erhoffte Reiselust zu kitzeln, will der Austauschdienst den Hochschulen unter die Arme greifen. Auch die Politik soll helfen - und mehr Geld geben. Dazu will sich der Austausch-Chef Hormuth sogar auf ungewohntes Terrain begeben - und im nächsten Bundestagswahlkampf aktiv mitmischen: "Wir werden fragen, was eigentlich wichtiger ist: Bildung oder die Pendlerpauschale."
Ebenfalls gestoppt ist der Wachstumstrend bei ausländischen Studierenden an deutschen Unis: Hier waren zwischen 2000 und 2006 knapp 68 Prozent zusätzliche Studierende an Deutschlands Hochschulen gekommen. 2007 das gleiche Bild: Erstmals sind auch hier die Zahlen wieder - wenn auch nur leicht - rückläufig. Der Wachstumstrend ist gestoppt.
Generalsekretär Bode bedauerte das. "Nach sehr positiven Jahren verlieren wir gegen die internationale Konkurrenz wieder deutlich an Boden. Die großen Wachstumsraten auf dem internationalen Bildungsmarkt sind zuletzt an Deutschland vorbeigegangen - das drückt sich in der Mobilität aus."
Eine im Vergleich noch zu schlechte Ausbildungsqualität an deutschen Unis und eine zunehmende Begrenzung von Studienplätzen für ausländische StudienplatzbewerberInnen seien die Hauptursachen für das nachlassende Interesse von Gaststudierenden am Studienaufenthalt in Deutschland.
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