BVG: Auf die Plätze, fertig, Streik!
Ab heute stehen alle Busse, Trams und U-Bahnen still - bei der BVG beginnt der Ausstand. Nur die S-Bahn und einige Privatbusse fahren noch. Wie lange der Streik dauert, ist völlig unklar. Neun Tipps, wie Sie trotzdem vorwärtskommen.
Die S-Bahn fährt. Im Gegensatz zur U-Bahn hat sie den Vorteil, dass man etwas von der Stadt sieht - zum Beispiel wunderbar verwahrloste Hinterhöfe und brachliegende Industrieanlagen. Die S-Bahn will während des BVG-Streiks längere und zusätzliche Züge einsetzen. Machen Sie sich aber auf einen hohen Kuschelfaktor gefasst: Mit bis zu einer Million zusätzlichen Fahrgästen täglich wird gerechnet, die von Bussen und U-Bahn auf die S-Bahn umsteigen. Mit ein wenig Fantasie und einigen Fußstrecken ist die S-Bahn durchaus ein zuverlässiger Ersatz. Zuverlässig? Nicht ganz. Die Lokführer der Deutschen Bahn, zu der die S-Bahn gehört, wollen ab Montag ebenfalls streiken. Dann wäre es auch mit der oberirdischen Stadtrundfahrt vorbei. FLEE
Treten Sie in die Pedale!
Zwar sind für die nächsten Tage Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt angesagt. Das ist aber noch lange kein Grund, sich gegen das womöglich schnellste aller Fortbewegungsmittel zu entscheiden: Ziehen Sie sich warm an und steigen Sie aufs Rad! Hartgesottene machen das das ganze Jahr. Nun zwingt der Streik auch Weicheier in die Sättel. Das wirkt sich bereits auf die Fahrradbranche aus: Die Auftragslage für Reparaturen habe sich in den letzten Tagen verdoppelt, berichten Händler. Die Bahn stellt ab heute wieder ihre Call-a-Bike-Räder auf, 14 Tage früher als geplant. KBU
Bleiben Sie gelassen!
Sie haben eine Monatskarte gekauft, weil Sie Bus oder U-Bahn fahren müssen, und können jetzt nichts damit anfangen? Das ist ärgerlich. Vor allem deshalb, weil Ihnen die BVG die Kosten nicht erstatten wird. Streik gilt als höhere Gewalt. Aber regen Sie sich nicht auf. Üben Sie sich in Gelassenheit. Frischen Sie Ihre Origami-Kenntnisse auf und falten Sie aus der Papierkarte einen kleinen, stolzen Schwan. Den können Sie zum Beispiel am Spreeufer ins Wasser setzen. Wetten, er kommt schneller vom Fleck als Sie?
Warten Sie auf Privatbusse!
Zweieinhalb Millionen Fahrten verbucht die BVG pro Tag. Damit der Streik nicht die gesamte Stadt lahmlegt, setzt sie Busse von Privatunternehmen ein. Sie verkehren alle halbe Stunde entlang den U-Bahn-Linien U2, U5, U6, U7 und U9, allerdings auch da nur auf Teilstrecken. Entlang einigen Tramabschnitten fahren ebenfalls Busse zum nächsten S-Bahnhof. Richten Sie sich aber darauf ein, dass die völlig überfüllt sind. Die Gewerkschafter haben zudem angekündigt, auch diese Verbindungen zu stören, indem Sie die Busse selbst komplett belegen. Oder Kundgebungen auf den Strecken abhalten. Infos zum Notfahrplan findet man auf der BVG-Internetseite www.bvg.de unter "Notverkehrsnetz" oder unter www.fahrinfo-berlin.de. Letztere brach allerdings am Dienstag bereits wegen Überlastung zusammen.
Daumen raus!
Fast hätte man vergessen, wofür der dickste und kürzeste Finger so alles taugt. Genau: Stellen Sie sich an die Straße und halten Sie den Daumen raus! Was in Irland und Neuseeland klappt, geht in Zeiten des Streiks auch in Berlin. So gelangen Sie hoffentlich schneller ans Ziel als zu Fuß. ALL
Lassen Sie das Auto stehen!
Es mag logisch erscheinen, wegen des Streiks ins eigene Auto zu steigen. Doch Sie könnten es rasch bereuen: Die Polizei rechnet mit erheblichen Staus. Die Verkehrsmanagementzentrale warnt davor, dass besonders die Einfallstraßen sowie Gegenden, die nicht von S-Bahnen erschlossen werden, überfüllt sind. Dazu gehören etwa Neukölln und Hohenschönhausen. Auch Parkplätze in S-Bahn-Nähe können Sie getrost vergessen. Wenn Sie trotz alledem Auto fahren wollen: Bilden Sie Fahrgemeinschaften. Sie können auch beim organisierten Carsharing mitmachen: Einige Anbieter haben eine Vorlaufzeit von nur 24 Stunden. Günstiger, als ein Auto zu mieten, ist das allemal. GFA
Specken Sie ab!
Joggen, Nordic Walking, Inline-Skaten - schier endlos sind die Möglichkeiten, auf den eigenen zwei Beinen vorwärtszukommen. Die Krankenkassen können sich über den BVG-Streik freuen. Die Verfettungsrate und damit auch das Herzinfarktrisiko dürften ordentlich zurückgehen. Untrainierten empfehlen wir den "Jedermann-Triathlon" über 25,5 Kilometer, im Volksmund auch Volksdistanz genannt. Damit kommt man ziemlich weit, zum Beispiel von Pankow bis Dahlem. Zu langsam sollten Sie allerdings nicht sein: Streik gilt arbeitsrechtlich nicht als Entschuldigung für Zuspätkommen. KBU
Beglücken Sie Taxifahrer!
Sie wollen sich fahren lassen? Da sind Sie nicht der Einzige: Taxiunternehmen profitieren am meisten vom Stillstand der Busse und Bahnen. "Es wird gefahren, was das Zeug hält", sagt Detlev Freutel, Chef des Taxiverbands Berlin-Brandenburg. Etwa 6.000 der rund 6.800 Berliner Taxen werden heute im Einsatz sein, schätzt er. Schließlich winke ein rund doppelt so hoher Umsatz wie an normalen Tagen. Seine Fahrer werden sich übrigens gegenseitig abholen - oder mit dem Rad zur Arbeit kommen. GFA
Fliehen Sie!
Am besten, Sie ersparen sich die beschwerlichen Wege ganz. Legen auch Sie die Arbeit nieder. Das geht völlig legal: Sie können zum Beispiel den Resturlaub vom vergangenen Jahr abfeiern. Entweder Sie bleiben konsequent zu Hause auf dem Sofa sitzen. Oder Sie fahren raus aus Berlin, ganz weit weg! Wenn Sie nicht wissen, wohin: Schauen Sie am Wochenende kurz auf der Internationen Tourismus-Börse am Messegelände vorbei. Vorausgesetzt natürlich, Sie kommen da überhaupt hin. ALL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen