: BUKO mit Auflagen genehmigt
■ Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bestätigt Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach / Auflagen: Kein strafbarer und gewalttätiger Widerstand - die Bundesrepublik darf nicht der Ermordung von RAF–Gefangenen beschuldigt werden
Nürnberg/München (dpa/taz) - Die auf Veranlassung des bayerischen Innenministers August R. Lang verbotene Bundeskonferenz der Anti–Atomkraftbewegung kann doch am Wochenende in Nürnberg stattfinden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München bestätigte am späten Freitag nachmittag eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach, das dem Widerspruch der Veranstalter gegen das Verbot stattgegeben hatte. Der Verwaltungsgerichtshof, der auf eine Beschwerde der Landesanwaltschaft gegen die Ansbacher Entscheidung tätig wurde, genehmigte die Veranstaltung unter der Maßgabe, daß die Leiter sämtlicher Arbeitskreise verpflichtet werden, bei allen Demonstrationen und Diskussionen Aufrufe zum strafbaren gewalttätigen Widerstand gegen öffentliche Einrichtungen zu unterbinden. Außerdem dürfe die Bundesrepublik nicht der Ermordung von Gefangenen der Roten–Armee–Fraktion (RAF) beschuldigt werden. Die Landesanwaltschaft muß die Kosten des Verfahrens tragen. Die Initiatoren der Konferenz sehen in der Gerichtsentscheidung aus Ansbach einen „juristischen und politischen Teilerfolg“. Im Veranstaltungsort, dem Nürnberger Kommunikationszentrum „KOMM“, finden gleichzeitig der „Kleine Parteitag“ der Grünen sowie Sitzungen der Landtagsfraktionen der Grünen aus Bayern und Niedersachsen statt. Wegen der Gerichtsentscheidung hat die Polizei einen Bescheid der Regierung von Mittelfranken zur Schließung des „KOMM“ nicht vollzogen. Ein Sprecher der Grünen machte bei einer Pressekonferenz deutlich, daß eine Verhinderung des Parteitages Auswirkungen auf die Bundestagswahl haben könnte. Seine Partei würde darin einen schweren Eingriff in die Wahlvorbereitungen einer Parlamentspartei sehen. Fortsetzung Seite 2 Währenddessen bestimmen patroullierende Polizeifahrzeuge das Stadtbild von Nürnberg. Am KOMM hängt weit sichtbar das Transparent „Nürnberg grüßt alle AKW–Gegner“. Nürnberg ist Schauplatz der Premiere des im Rahmen der Sicherheitsgesetze wieder eingeführten Paragraphen 130a (Anleitung zu Straftaten). Mit dieser Begründung wurde die Beschlagnahme des Readers, der Sammlung von Diskussionspapieren die das Regensburger Verbot ausgelöst hatte, angeordnet. Um Exemplare des Readers, einer Sammlung von Diskussionspapieren, die das Regensburger Verbot ausgelöst hatten, wurde um 13.00 das BuKo–Büro im KOMM erfolglos durchsucht. Landesstaatsanwalt Bach legte gegen die Ansbacher Entscheidung Beschwerde beim VGH ein. In der Begründung betreibt er Richterschelte. „Aus der Formulierung der angefochtenen Beschlusses, dessen Begründung noch nicht bekannt ist, ergibt sich, daß das Erstgericht den Charakter und die Zielsetzung der Bundeskonferenz völlig verkannt hat.“ Für den Landesstaatsanwalt bleibt die Zielsetzung der BuKo nach wie vor, Straftaten zu erörtern und befürworten. Untersstützung erhielt er dabei von Innenstaatssekretär Dr. Peter Gauweiler. Auf diesem Treffen werde für Anschläge gegen Strommasten und Bahneinrichtungen geworben. „Glücklicherweise leben wir in einem Rechtsstaat, in dem man Straftaten, egal ob Strommastenanschläge oder Banküberfälle, nicht diskutieren darf.“ Die von Ansbach vorgeschlagene Regelung, die Polizei müsse im Einzelfall derartige Äußerungen durch Mikrofonkontrolle unterbinden, entspreche nicht der Regel des versammlungsgesetz. Hannes Kempmann warnte die Polizei ausdrücklich davor, die „Aufhebung des Versammlungsverbotes so zu unterlaufen“. „Wir werden Polizeivertreter nicht dulden. Für alles, was dann passieren würde, müßte der Einsatzleiter der Polizei die volle Verantwortung tragen.“ Er erinnerte daran, daß sowohl die bayerische und niedersächsische Landtagsfraktion der Grünen als auch der Bundeshauptausschuß der Grünen, das höchste Organ zwischen den Bundesver sammlungen, im KOMM zur gleichen Zeit tagen. „Wenn eine Woche vor den Bundestagswahlen ein kleiner Parteitag nicht stattfinden darf, dann ist das ein schwerer Eingriff in die Parteiarbeit.“ Auch das KOMM selbst wehrte sich entschieden gegen eine Schließung des Hauses. Sie wollen den normalen Betrieb aufrechterhalten und nicht als „Probebühne für die neuesten Repressionen der bayerischen Staatsregierung“ dienen.
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