piwik no script img

■ BSE: EU-Parlamentarier scheitern an GeschäftsordnungDumm gelaufen

Europas hochbezahlte ParlamentarierInnen sind heillos überfordert – von ihrer eigenen Geschäftsordnung. Als die Mitglieder des BSE-Untersuchungsausschusses im Europaparlament gestern über mögliche politische Konsequenzen aus ihren Untersuchungsergebnissen abstimmten, wußte die rechte Hand nicht, was die linke tut. Die große Mehrheit der ParlamentarierInnen wollte der EU-Kommission mit einem Mißtrauensvotum drohen. Gleichwohl stimmten die meisten von ihnen gegen diese Drohung.

Die direkten Auswirkungen des Dilettantismus hochbezahlter VolksvertreterInnen halten sich in Grenzen. Das Parlament als Ganzes kann die EU- Kommission weiter mit dem Mißtrauensvotum unter Druck setzen, wenn diese den Verbraucherschutz nicht erheblich verbessert. Die notwendigen Voraussetzungen für ein solches Mißtrauensvotum hatten die ParlamentarierInnen in den vergangenen Wochen schon geschaffen.

Viel schlimmer ist die Auswirkung der Unfähigkeit auf die Glaubwürdigkeit des Parlaments. Die Mehrheit der VolksvertreterInnen, die der EU-Kommission regelmäßig schlechtes Management und bewußte Verschleierung vorwerfen, sind schlicht zu dumm, um mit ihren ureigenen demokratischen Instrumenten umzugehen. Sie wissen nicht, worüber sie abstimmen. Diese Dummheit führt gemeinsam mit einem gerüttelt Maß an Eitelkeiten und Eifersüchteleien zum Absturz im Untersuchungsausschuß, zur Politikunfähigkeit.

Genau die gleichen ParlamentarierInnen, die gestern nicht wußten, was sie taten, möchten aber künftig mehr Einfluß, möchten die Agrarpolitik von EU- Kommission und -Ministerrat besser kontrollieren dürfen. Sie verweisen darauf, daß eine solche Kontrolle sowohl demokratisch geboten als auch inhaltlich offenbar notwendig sei.

Das ist im Prinzip sicher richtig. Die Frage bleibt aber unbeantwortet, wie die Möchtegernpolitiker, die schon mit ihrem eigenen bißchen Demokratie nicht klarkommen, den Riesenapparat der Kommission kontrollieren wollen. Vielleicht sollte man einen Grundkurs in Parlamentarismus zur verpflichtenden Einführungsveranstaltung für EuropaparlamentarierInnen machen. Der BSE-Untersuchungsausschuß hat gestern eine große Chance für das Europaparlament vertan. Statt Musterstunde der Demokratie: Avanti, dilettanti! Hermann-Josef Tenhagen

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen