piwik no script img

Archiv-Artikel

BRIEFBOMBER-FAHNDUNG ZEIGT: BKA-GENDATEI MUSS AUSGEBAUT WERDEN Große Fische waren auch mal klein

Der bayerische Briefbombenbastler hat sich mit einer gewaltigen Bombe in die Luft gesprengt – und damit gerade im Tod bewiesen, wie gefährlich er im Leben war. Sein Fall zeigt erneut, dass die BKA-Gendatei ausgeweitet werden muss.

Der junge Mann, der seit einigen Monaten Bomben an bayerische Politiker schickte, hatte 2002 bei einer Einbruchserie rund um Hutthurm einen blutigen Handschuh hinterlassen. Ein Abgleich mit DNA-Material, das an den Briefbomben gefunden wurde, führte die Fahnder deshalb in dieses Dorf. Der angeordnete „freiwillige“ Massen-Gentest machte den Täter dann so nervös, dass er Selbstmord verübte. Wäre der Mann schon 2002 überführt worden, hätte man ihn mithilfe der Gendatei sofort identifizieren können.

Der Fall macht deutlich: Auch Verbrecher haben oft ein kleinkriminelles Vor- oder Parallelleben und hinterlassen dabei Spuren, die zur Identifizierung führen können. Die Einschränkung der Gendatei auf Täter und Spuren „erheblicher“ Kriminalität ist daher falsch. Nun belegt die – in der Gendatei erfasste – Hutthurmer Einbruchserie, dass die Grenze der Erheblichkeit schon heute recht niedrig angesetzt wird. Immerhin haben die damaligen Brüche nur einen Schaden von etwa 1.000 Euro verursacht. Doch diese Praxis weist in die richtige Richtung. Eine BKA-Untersuchung zeigte, dass fast 80 Prozent der Sexualmörder vorher mit kleinkriminellen Delikten aufgefallen sind, jedenfalls viel häufiger als mit Sexualtaten. Schlussfolgerung: Wer einen Vergewaltiger festnehmen will, muss nicht zuletzt bei Dieben und Schlägern suchen.

Auch viele islamistische Terroristen haben einen kleinkriminellen Vorlauf. Das belegen unter anderem der geplante Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt und das Attentat auf die Züge in Madrid. Künftig sollten deshalb genetische Fingerabdrücke von Straftätern und Tatortspuren generell in der BKA-Datei gespeichert werden. Die Grundrechtsbelastung ist dabei recht gering – jedenfalls niedriger als bei der Aufbewahrung eines Täterfotos, die wohl noch niemand als „überzogen“ angesehen hat. CHRISTIAN RATH