BÖRSEN: DER KAMPF UM MARKTANTEILE FREUT DIE AKTIONÄRE : Internet verhindert Monopolgewinne
Übernehmen US-Amerikaner heimlich die europäische Wirtschaft? Der weltweite Börsenpoker wirkt so. Denn die New Yorker Technologiebörse Nasdaq besitzt bereits 25,1 Prozent der Londoner Börse, und jetzt wollen die Aktienhändler von der Wall Street die europäische Vierländerbörse Euronext kaufen. Nur die Deutsche Börse in Frankfurt steht momentan ohne Partner da, sucht aber heftig und schließt eine transatlantische Partnerschaft nicht aus.
Angesichts solcher Konzentrationswellen sorgen sich inzwischen manche Firmen und Banken, dass sie demnächst Monopolgebühren in die USA überweisen müssen, wenn sie Börsendienste beanspruchen. Die französischen Großbanken haben sich bereits zu einem Pakt zusammengeschlossen, um ihre Interessen bei einem möglichen Euronext-Aufkauf zu verteidigen. Diese Ängste sind jedoch überflüssig. Der Ausverkauf ist ungefährlich.
Denn Börsen sind keine normalen Unternehmen. Ein Grund: Börsen galten schon immer als das Beispiel für den transparenten Markt, wo sich Käufer und Verkäufer zur selben Zeit am selben Ort treffen. Diese Transparenz ist durch das Internet noch größer geworden. Sollten die US-Börsen künftig allzu hohe Gebühren für Wertpapiertransaktionen verlangen, dann würden sich die Kunden eben billigere elektronische Plattformen suchen. Schon jetzt leiden die klassischen Börsen unter der Internetkonkurrenz.
Vor allem aber unterstehen die Börsen einer enorm weit reichenden nationalen Aufsicht, die bei normalen Firmen völlig undenkbar wäre. Diese staatliche Kontrolle wird auch nicht irgendwann verschwinden, denn sie erst schafft das nötige Vertrauen, damit Börsen funktionieren können. Reine Selbstkontrolle reicht nicht – so muss es etwa eine Instanz geben, die Insiderhandel bestraft.
Der Konkurrenzkampf treibt die US-Börsen dazu, viel zu viel für ihre europäischen Konkurrenten zu zahlen. Wie auch immer sich diese Fusionen lohnen sollen – mit Monopolgewinnen aus Europa können die Amerikaner jedenfalls nicht rechnen.
ULRIKE HERRMANN