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BND-REFORM Bundesregierung bremst GeheimdienstAbhörverbot in der EU

Von Ralf Pauli

So schnell kann es gehen: Am Donnerstag wiederholte der Sprecher des NSA-Untersuchungsausschusses, Christian Flisek (SPD), noch seine Forderung nach einer „grundlegenden“ Reform des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die zuletzt bekannt gewordenen Abhörpraktiken hätten „klare Rechtsgrundlagen“ und eine „intensivere Kontrolle“ erforderlich gemacht. Tags darauf ließen Union und SPD wissen, dass sie sich genau auf diese beiden Punkte verständigt hätten.

Demnach bekommt der deutsche Auslandsgeheimdienst ein klares Abhörverbot für Ziele innerhalb der EU. Weder Politiker, Institutionen noch Unternehmen dürfen künftig ausspio­niert werden. Das Grundrecht der Deutschen, nicht vom eigenen Auslandsgeheimdienst observiert werden zu dürfen, wird also auf alle EU-Bürger ausgeweitet. Mehr noch: Sämtliche Spionageeinsätze sollen künftig vom BND-Präsidenten persönlich angeordnet und vom Bundeskanzleramt genehmigt werden, sagt Burkhard Lischka (SPD) der taz: „So kann dann niemand mehr behaupten, er hätte von nichts gewusst.“ Einen entsprechenden Gesetzesentwurf will die Koalition zusammen mit dem Kanzleramt erarbeiten und im Januar ins Parlament einbringen. Bei den entscheidenden Eckpunkten gäbe es keinen Dissens, so Lischka.

Dazu gehört auch die Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle. Der Bundestag soll einen Ständigen Bevollmächtigten für die Überwachung der Geheimdienste bekommen. Er soll dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) unterstellt sein, das auch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und den Verfassungsschutz kontrolliert. Der PKGr-Vorsitzende André Hahn (Die Linke) fürchtet jedoch, dass künftig nur mehr der Geheimdienstbeauftragte Unterlagen einsehen dürfen soll. So sei es beim Sonderermittler zu den NSA-Selektoren, Kurt Graulich, auch gewesen.

Im Oktober hatten Kanzleramt und BND-Chef Gerhard Schindler im Ausschuss zwar eingeräumt, die eigenen Partner doch überwacht zu haben. Wer konkret die Spionageziele – die Selektoren – waren, kam aber erst diese Woche heraus. So hat der BND offenbar den französischen Außenminister Laurent Fabius, den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sowie zahlreiche europäische und US-Firmen ausspioniert. Mit dem Diplomaten Hansjörg Haber stand sogar ein Deutscher unter Beobachtung des Geheimdienstes.

Öffentlichkeit und Parlament seien „falsch informiert“ und sogar „direkt belogen“ worden, sagt Hans-Christian Ströbele. Der Grünen-Abgeordnete fordert deshalb für die Gesetzesänderung, „Lügen im Kontrollgremium als Dienstvergehen streng zu sanktionieren“.

Die weitere Aufarbeitung der BND-Aktionen dürfte auch den überwachten französischen Außenminister Fabius interessieren. Am Freitag traf er mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier in Paris zusammen.

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