BND-Experte Schmidt-Eenboom: "Die Rechte der Politik werden gestärkt"
Mit der Reform des Bundesnachrichtendienstes soll mit Alleinherrscher-Allüren Schluss gemacht werden, meint BND-Experte Schmidt-Eenboom.
taz: Herr Schmidt-Eenboom, kann die Politik den Bundesnachrichtendienst mit der geplanten Reform in den Griff kriegen?
Schmidt-Eenboom: Die Rolle der Politik gegenüber dem Auslandsgeheimdienst wurde auf jeden Fall gestärkt. Allein schon die Diskussion um die Reform hat dazu beigetragen. Nie zuvor hat das Bundeskanzleramt so deutlich bekundet, dass es den BND nach seinen Vorstellungen reformieren will. Und es hat diesen Willen auch gegen den BND-Präsidenten Ernst Uhrlau durchgesetzt.
ERICH SCHMIDT-EENBOOM, 53, publiziert zu Geheimdiensten und leitet das Forschungsinstitut für Friedenspolitik im oberbayrischen Weilheim. Er wurde selbst vom BND überwacht.
Ein großes Problem war doch immer, dass die Leiter der großen Abteilungen diese wie absolutistische Fürstentümer regierten und der Präsident oftmals erst hinterher erfuhr, was eigentlich schief gelaufen war. Nutzen die Reformen gegen diese Missstände?
Ja. Künftig wird es drei Vizepräsidenten geben und deren Stellen werden frei ausgeschrieben und zumeist nicht von BND-Leuten besetzt. Einer wird aus dem Auswärtigen Amt kommen, einer von den Streitkräften und einer - das ist aber noch nicht ganz geklärt - wahrscheinlich vom BND. Diese Stellen sind zudem zeitlich befristet, so dass sich die Macht nicht wie im bisherigen Maße bei den Abteilungsleitern konzentrieren kann und sie relativ unkontrolliert tun und lassen können, was sie wollen. Außerdem wird es künftig vier zusätzliche Planstellen im Kanzleramt geben, die allein für die Kontrolle des BND zuständig sind.
Das Leitmotiv der Reform scheint zu sein: Mehr Macht für Präsident und Kanzleramt. Wäre es nicht besser, dem Parlament mehr Kontrollrechte zu geben?
Sie dürfen das nicht gegeneinander ausspielen. Es ist richtig, dass mehr Kontrollrechte für das Parlament eingeführt werden müssen. In den USA gibt es ja sogar Hearings über die Verteilung des Geldes und den Zweck der Dienste. Das sollte auch hier möglich sein. Allerdings scheuen die BND-Mitarbeiter diese Offenheit, weil die deutschen Parlamentarier sehr viel redseliger sind als ihre Kollegen in anderen Ländern. Die meisten Geheimdienstler sind der Meinung: Wenn man dem Parlament etwas sagt, kann man es auch gleich als Pressemitteilung veröffentlichen.
Trotz dieser parlamentarischen Kontrolle konnte die CIA entsetzliche Dinge tun - angefangen bei der Iran-Contra-Affäre bis hin zu heutigen Geheimgefängnissen. Nutzen solche Kontrollmechanismen überhaupt etwas oder sollte man nicht den Zweck der Dienste an sich in Frage stellen?
Auslandsnachrichtendienste sind angesichts der Bedrohungslagen von failing states bis internationaler Terrorismus nicht verzichtbar. Es kommt nur darauf an, dass ihre Arbeit weder an der Regierung noch am Parlament vorbeilaufen darf.
Wird die neue Struktur die Bespitzelung von Journalisten durch den BND verhindern können?
Hundertprozentig sicher nicht. Aber dass das Kanzleramt hier so hart durchgegriffen hat, zeigt, dass man solche Skandale in Zukunft nicht mehr will.
Es gab auch Belege dafür, dass Sie für den BND Kollegen ausspioniert haben. Verliert man in diesem Job irgendwann seine Neutralität?
Ich habe sie jedenfalls nicht verloren. Die Belege von denen Sie sprechen, waren vom Dienst selbst gestreut, um mich zu belasten. Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung, der damals von mir behauptet hat, ich sei ein Informant des BND gewesen, hat den Prozess in allen Punkten verloren. Damit ist dieses Kapitel für mich abgeschlossen.
INTERVIEW: DANIEL SCHULZ
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