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BGH zu Rechtsstreit um WebsiteDortmund darf online bleiben

Ein Verlag hatte die Stadt verklagt. Der Vorwurf: Sie mache mit ihrer Website den privaten Medien Konkurrenz. Der BGH wies das nun endgültig ab.

Hier wird nicht nur Fußball, sondern auch Unterwasserrugby gespielt: dortmund.de berichtete darüber Foto: imago

Das Online-Angebot der Stadt Dortmund – www.dortmund.de – kann bestehen bleiben. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) an diesem Donnerstag in einer Grundsatzentscheidung zur kommunalen Öffentlichkeitsarbeit im Internet. Geklagt hatte der Verlag Lensing, der in Dortmund die Tageszeitung Ruhr-Nachrichten herausbringt und das Webportal ruhr24.de betreibt. Die Stadt Dortmund mache den privaten Medien mit ihrer Seite dortmund.de unzulässige Konkurrenz.

Lensing konnte sich auf eine Selbstdarstellung von dortmund.de berufen, in der es hieß: „Die Redaktion berichtet umfassend mit journalistischem Know-how in Wort und Bild“. Beim Landgericht Dortmund hatte Lensing Erfolg, doch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm lehnte die Klage ab.

Auch in der Revision beim BGH ging der Verlag nun leer aus, obwohl der Vorsitzende BGH-Richter Jörn Feddersen die Bedeutung der Pressefreiheit für den demokratischen Staat betonte. Die Zuständigkeit der Kommune für Öffentlichkeitsarbeit ende dort, wo die freie Presse in ihrer Existenz gefährdet werde. Der Staat dürfe der staatsunabhängigen Presse keine Konkurrenz machen. Kommunen müssen sich deshalb auf die Darstellung und Erläuterung der Aktivitäten der Stadtverwaltung beschränken.

Kommunale Medien dürfen nicht über Wirtschaft, Sport und Kultur in der Gemeinde berichten. Diese Grundsätze hatte der BGH 2018 bereits für Printmedien aufgestellt und daher die journalistische Orientierung des Crailsheimer Stadtblatts für rechtswidrig erklärt. Wie Richter Feddersen betonte, gelten diese Grundsätze auch für ein Internet-Angebot wie dortmund.de. Dabei komme es auf den „Gesamtcharakter“ der Webseite an, so der BGH. Dieser Gesamtcharakter könne auch durch einzelne spektakuläre Veröffentlichungen mit hoher Klickzahl geprägt werden.

Keine Einwände

Der BGH hatte nun aber keine Einwände gegen die Einschätzung des OLG Hamm, dass bei dortmund.de der Gesamtcharakter nicht presse-ähnlich ist. Zwar habe es einzelne unzulässige Berichte gegeben, etwa über die Deutschen Unterwasserrugby-Meisterschaften. In der Menge der rund 50.000 Beiträge seien diese jedoch „untergegangen“.

Die Stadt Dortmund hat unter dem Eindruck der Klage ihr Angebot auf dortmund.de aber bereits angepasst. „Wir berichten heute nicht mehr über den Schwimmverein“, sagte Sören Spoo, Leiter der Stadt-Kommunikation, nach dem Urteil. dortmund.de konzentriere sich vielmehr auf eine internet-gemäße attraktive Aufbereitung städtischer Informationen.

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2 Kommentare

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  • Wie "fertig" müssen die Verlage haben, wenn sie glauben, ihren wirtschaftlichen Erfolg nur noch mit Klagen gegen die zentrale Website ihrer Stadt absichern zu können. Oder anders formuliert: Glauben die ernsthaft, das Nutzer dafür Geld bezahlen oder die massive Werbung in Kauf nehmen, um das Ergebnis von Schwimmverein XY zu erfahren? Wenn Klagen ihre einzige Hoffnung auf eine Zukunft sind, dann gute Nacht für die Verlage. Hab mich neulich mal auf eine Website einer anderen Stadt verirrt wegen EINES Artikels. Ich sollte ein Abo abschließen. Warum nicht gleich den ganzen Verlag kaufen. Liebe Verlage (geht nicht an die TAZ): So wird das nix!

  • Schwieriges Thema. Staatsferne ist erstens eine grundlegende Errungenschaft, die die deutsche Presselandschaft weltweit auszeichnet und Deutschland zu einem Land mit der größten Pressevielfalt weltweit macht.

    Andererseits ist die Qualität gerade in der Lokalberichterstattung oft unterirdisch. Spötter nennen die Berichterstattung am Montag oder Dienstag nicht zu unrecht Brawurstjournalismus. Es kommen dann vor allem die Vereine vor, der Sponsoren im Vorfeld sogenannten Kollektiven kräftig Anzeigen geschaltet haben. Nachrichtenwert gleich null. Locker, flockig, Pfanne Püree. Früher führten wir immer das Kameradschaftstreffen der Freiwilligen Feuerwehr an. Löschen mit Bier war einen Dreispaltig wert.

    Wenn sich gerade in Einzeitungskreisen ihn nennenswerte journalistische Konkurrenz Stadtverwaltungen daran machen, journalistische Qualität zu heben, kann das niemand wundern. Sicher, vor dem Hintergrund unserer Geschichte ist ein Trennungsgebot wichtig. Aber die Demokratie leidet mehr bei Abwesenheit von Information. Schon heute gibt es in den USA Städte wie San Francisco, die keine Tageszeitung mehr haben. Die junge Generation meidet die Paywall der Verlage und wendet sich Angeboten wie den Apps der Öffentlich-Rechtlichen zu.

    Lokaljournalismus ist hier in einem Spannungsverhältnis. Und er ist eben kein Wirtschaftsgut wie jedes andere, sondern er hat eine öffentliche Aufgabe.

    Von daher denke ich, sollte sich das Rezeptionsverhalten der Generation Z nicht ändern, wird dieses Urteil keinen Bestand haben. Vielmehr ist anzunehmen, dass das Bundesverfassungsgericht hier ein Grundsatzurteil sprechen wird, wie es das schon oft im Rundbereich gemacht hat. Das FRAG-Urteil von 1984 begründete immerhin Privat-Fernsehen und Privatradio in Deutschland.