BEWEGUNG IN DER MIETENPOLITIK: Mit halber Kraft voraus
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer hat eine Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Mietsteigerungen angekündigt.
Lange Zeit hat Ingeborg Junge-Reyer (SPD) das Thema Mietenpolitik schleifen lassen. Nun kündigt die Stadtentwicklungssenatorin für den Herbst eine Bundesratsinitiative an, mit der Mietsteigerungen begrenzt werden sollen. "Wir wollen die Mieter vor Vermieterwillkür und Mietwucher schützen", sagte Junge-Reyer der Berliner Zeitung. Die Reaktionen auf den Vorstoß fallen unterschiedlich aus.
Mit der Initiative will der rot-rote Senat unter anderem die Umlage von Modernisierungskosten auf die Miete von derzeit 11 auf 9 Prozent reduzieren. Mietsteigerungen bei Bestandsmieten sollen künftig auf 15 Prozent in vier Jahren begrenzt werden. Bislang sind es 20 Prozent innerhalb von drei Jahren.
Auch bei Neuvermietungen, für die es bislang keine Regelung gibt, soll eine Begrenzung eingeführt werden. Dafür soll das Wirtschaftsstrafgesetz geändert werden, das den Tatbestand des Mietwuchers definiert. Allerdings weigert sich Junge-Reyer nach wie vor, den bisherigen Mietwucherparagrafen auf Berlin anzuwenden, bestätigte ihr Sprecher Mathias Gille. Voraussetzung dafür wäre, für Berlin oder für Teile der Stadt Wohnungsnot festzustellen. "Diese Wohnungsnot gibt es nicht", sagt Gille, räumt aber ein, dass sich der Leerstand in den letzten Jahren verringert hat.
Weiterer Bestandteil der Initiative ist die Verpflichtung der Eigentümer, bei Mietvertragsabschluss den Energieausweis für das Gebäude vorzulegen. Entsprechen die Wohnungen nicht den Mindeststandards der Energiesparverordnung, soll der Mieter die Miete mindern können.
Der Berliner Mieterverein begrüßte den Vorstoß Junge-Reyers am Mittwoch - im Grundsatz. Im Detail aber hagelte es Kritik. "Ohne eine Feststellung von Wohnungsnot in Teilräumen gibt es keine Begrenzung der Neuvermietung", monierte Mietervereinschef Reiner Wild. Mit ihrer Weigerung missachte Junge-Reyer auch entsprechende Beschlüsse der Berliner SPD.
Nicht ganz glücklich ist auch der wohnungspolitische Sprecher der Linken, Uwe Doering. Er kritisierte, dass die Umlage der Modernisierungskosten nicht begrenzt werden soll. "Irgendwann ist eine Investition auch amortisiert", sagte Döring. Etwas schärfere Töne kamen von der Opposition. Der grüne Baupolitiker Andreas Otto nannte es "unglaubwürdig", dass der Senat auf Bundesebene die Vorlage der Energieausweise fordert. "Unsere Anträge, auch die Berliner Wohnungsunternehmen dazu zu verpflichten, hat Rot-Rot immer abgelehnt", so Otto.
Doch gerade gegenüber den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die in Berlin 270.000 Wohnungen verwalten, zeichnet sich ein Politikwechsel ab. So will Junge-Reyer jenseits ihrer Initiative die Gesellschaften verpflichten, auch bei Neuvermietungen die ortsübliche Vergleichsmiete einzuhalten. Auch nach Modernisierungen sollen die Mieten nicht über den Mietspiegel steigen. Entsprechend gereizt reagierte am Mittwoch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). "Mit seiner Mietrechtsinitiative redet der Senat eine Mietendebatte herbei. Dadurch gefährdet er den sozialen Frieden", sagte BBU-Vorstand Maren Kern. Statt Mietbegrenzungen fordert sie Neubau.
Auch dazu hat Junge-Reyer einen Vorschlag vorgelegt, wie Sprecher Gille bestätigt: "Es gibt Überlegungen, landeseigene Grundstücke künftig in Erbpacht zu vergeben." Zu welchen Bedingungen, sei aber noch nicht entschieden. Mietervereinschef Wild meinte dagegen: "Selbst unter günstigsten Bedingungen liegt die Miete im Neubau weit über der des Mietspiegels. Zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt trägt das nicht bei."
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