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Archiv-Artikel

BERLIN - VON KENNERN FÜR KENNER Und nicht zu schweigen von der Crème brulée

Jan Feddersens Gastrokritik: Das Entrecote ist die schönste Speisealternative zu allen Imbissen rund um den Checkpoint Charlie

Das, was man kennt, gern kennen gelernt hat und also wieder haben möchte: Das ist das Entrecote. Im Grunde dementiert es mit seiner, wenn man so will, Philosophie den Wahn der Marketingindustrie, das nur das Originelle, das Krasse, das Grelle auf Zustimmung treffen kann.

Ist es nicht eher so, dass man das Gediegene lieber hat? Das Haus, das zu preisen ist, weiß um die französische Küche und tut gar nicht so, als müsse es diese mit italienischen oder spanischen oder amerikanischen Einflüssen kreuzen. Das Schöne ist, das es gibt, was man mal in Lyon, Paris, in der Dordogne oder im Elsass zu sich genommen hat. Beispielsweise, als Nummer Sicher, ein Steak. Mittags sollte es bestellt werden, denn zu dieser Tageszeit scheint man in diesem freundlichen, von keinerlei bizarrem Design heimgesuchten Haus in Höchstform zu sein. Das Minutensteak mit Salat, umschmeichelt von einer tatsächlich perfekten Vinaigrette (nicht zu senfig, nicht zu essighaft, obendrein nichts mit Balsamico), dazu noch die für dieses Restaurant spektakulär fein zubereiteten Streichholzkartoffeln – das ist der perfekte Lunch.

Ausnahmslos alle Speisen waren tadellos zubereitet, auch die Leckereien aus der Meeres- und Flüsseabteilung. Muscheln, Austern oder die Dorade: einsame Klasse. Auch die Mittagsspezialität – Steak de Salmon mit Fritten und Salat – hinterlässt nur Freude. Der Fisch ist gut gegart, ohne zäh zu werden – ölig schmeckt es ohnehin nicht.

Der Service: von einer freundlichen Umsicht. Sie decken die Tische, traditionell, mit weißen Papiertüchern und verstehen sich obendrein auf formidable Weise, die Rechnungsübergabe nicht theatralisch zu inszenieren. Die Hauptperson ist der Gast – und deshalb werden die KellnerInnen als besonders angenehm empfunden.

Eine Spezialität, besser am Abend genossen, um den feinen Eindruck nicht im Arbeitsfluss wieder zu verflüchtigen, ist das Entenconfit auf Sauerkraut und Bratkartoffeln: endlich mal ein Stück dieses Vogels, das nicht in Orangefarbenem ertränkt wird, sondern, elsässisch, in mildestgesäuertem Weißkohl eingebettet ist. Prima! Und nicht zu schweigen ist von der Crème brulée: weich-vanillehell unter der Kruste, selbige aber von einer krispigen Konsistenz, die es in dieser Stadt besser nicht gibt.

Kurzum: Das Entrecote gibt nicht an, ja, es langweilt in allem, worauf es nicht ankommt. Alles ist schlicht, unaufgeregt und nett. Die Musik hält sich in Grenzen, Gott sei Dank. Es ist die schönste Speisealternative zu allen Imbissen rund um den Checkpoint Charlie: Man kann es bis in den Abend hinein prüfen.

Entrecote, Schützenstr. 5, 10117 Berlin, Fon (0 30) 21 06 54 96, Mo. bis Fr. 10 bis 1 Uhr, Sa./So. 12 bis 1 Uhr; www.entrecote.de; Hauptgerichte zwischen 6 und 22 Euro; reichliche Weinauswahl – man darf auch auf den Hauswein vertrauen. Plätze für Silvester sind noch vorhanden – das Menü kostet 59 Euro