: BERLIN - VON KENNERN FÜR KENNER Arnold Schwarzenegger, Judith Holofernes und die Helden der Kleinfamilie
Das meistdiskutierte Thema dieser Woche in Berlin ist natürlich wie jede Woche die Renaissance der Kleinfamilie und die damit verbundene Suche nach dem lebbaren bürgerlichen Alltag. Dann kommt auch schon die Frage, ob man nun als Linker an den Bundespressestrand gehen soll und darf. Auf keinen Fall reden darf man mehr über die Sache mit Italien. Allerhöchstens den Kopf darüber schütteln, dass das Spiegel-Titelthema ist. So was von out! Da ist es sogar gesellschaftlich akzeptierter, die Mitteilung der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie zu erörtern, nach der kugelförmige Brustimplantate (Pamela Anderson usw.) out seien – und tropfenförmige Implantate in. Ansonsten beschäftigt man sich mit den beruflichen Qualitäten von Nazan Eckes, 27. Das ist die Vertretung der in eine Kleinfamilie abgetauchten RTL-Moderatorin Frauke Ludowig.
Und natürlich wird weiterhin an der Exegese unmittelbar folgender Zeilen gearbeitet. Autorin ist die mittlerweile ja sehr rumgereichte Kreuzbergerin Judith Holofernes und ihre Band „Wir sind Helden“ (Achtung, schnell noch ein Geheimnis: Ihr kleinbürgerlicher Name ist Judith Holfelder von der Tann):
„Wenn ich könnte, wie ich wollte /
Würd ich gar nichts wollen /
ich weiß aber, dass alle /
etwas wollen sollen.“
(Aus: „Müssen nur wollen“)
Grade im traditionell leistungsgesellschaftskritischen Kreuzberg ist der Song in diesen Tagen nicht aus dem Alltag der Florian Illies schmökernden bürgerlichen Kleinfamilie wegzudenken. Am Wochenende lief er gar auf einer Party, die übrigens in einer Kita stattfand. Bezeichnend?
Arnold Schwarzenegger, 56, Schauspieler aus Graz, ist grade in Berlin wegender Europapremiere seines neuesten Produkts „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“ (Start: 31. Juli). Und was soll der andere Quatsch mit seiner möglichen Kandidatur als Gouverneur von Kalifornien? Einerseits wird so was ja gern behauptet. Andererseits läuft eine historische Wählerunterschriftenaktion, um den bekanntlich relativ sehr korrupten Amtsinhaber Gray Davis (Demokraten) vorzeitig aus dem Amt zu werfen. Drittens weiß man in den USA ja leider nie, wie man an Ronald Reagan sieht, der ab 1966 als Gouvereur Kaliforniens alle Hände voll zu tun hatte im Kampf gegen aufständische Studierende.
Schwarzenegger möchte die Gouverneursrolle als „compassionate“ Republikaner interpretieren. Er will – neben der angelsächsischen Kleinfamilie – „den Fremden lieben, der ohne Geld kommt, genauso wie den Schwulen und die Lesbe“. Wer Genaueres wissen will: Der „Gouvernator“, wie man ja sagt, ist heute noch im „Four Seasons“ am Gendarmenmarkt eingecheckt. Mittags geht er gern zum Schnitzelchen essen rüber ins Borchardt.
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Four Seasons, Mitte, Charlottenstraße 49, U Bahnhof Franz. Straße, Zimmerpreise: 230–280 €, Tel. (0 30) 2 03 38