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Archiv-Artikel

BEIM VERKAUF VON RÜSTUNGSFIRMEN STECKT DIE REGIERUNG IM DILEMMA Militärfragen nicht diskutiert

Eigentlich eine alltägliche Erscheinung im globalen Wirtschaftsmarkt: Ein finanzstarker Investor kauft eine Firma aus einem anderen Land, versucht sie profitabler zu machen und dann wieder weiterzuverkaufen. Weil die Aktienkurse partout nicht so stark nach oben gehen wie gewünscht, pumpen die Vermögenden große Summen in solche direkten Firmenkäufer, vor allem in den USA. Schon einige deutsche Konzerne haben sich in letzter Zeit gefreut, als unwichtig beurteilte Töchter teuer an US-Investoren zu verkaufen.

Alle werden jedoch ganz vorsichtig, wenn es um die Rüstungsbranche geht – wie jetzt im Fall von Rheinmetall. Da kommen plötzlich ganz schnell „strategische Interessen“ ins Spiel. Denn Rüstung bedeutet abseits aller Kritik an ihrer Existenz Hightech-Produktion. Wenn die Kompetenz für solche Produkte einmal verloren ist, dauert es viele Jahre und kostet enorme Summen, sie wieder zu erarbeiten. In allen großen Ländern der Welt entscheidet deshalb die Politik letztlich über den Verkauf von Rüstungsfirmen ins Ausland. Die Bundesregierung gerät angesichts der Fusionswelle in der Militärbranche deshalb ständig ins Dilemma. Immerhin sind die US-Amerikaner offiziell Freunde erster Klasse, haben andererseits eine strategische Doktrin verabschiedet, die auch auf enge Verbündete im Falle eines Falles keine Rücksicht nimmt.

Hier rächt sich die fehlende öffentliche Diskussion über Militärfragen in Deutschland. Es gibt nur einen diffuse Übereinstimmung zwischen Regierung und Opposition, dass die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt auch militärisch irgendwie mitmischen will – soweit es geht, mit, zur Not auch unabhängig von den USA. Das bedeutet angesichts der veralteten Bundeswehr nicht nur steigende Militärausgaben. Es bedeutet auch, dass die Bundesregierung einen Ausverkauf über den Atlantik stoppen wird. Damit aber ist sie auf den Partner Frankreich angewiesen, was Friedensfreunde angesichts dortiger Weltmachtallüren auch nicht gerade erfreut. Es wäre schön, über solche langfristigen Fragen endlich eine ernsthafte Debatte zu führen. Vielleicht nachdem Deutschlands höchste Politiker und Journalisten die Rechtschreibreform durchdiskutiert haben. REINER METZGER