BEI DER ÖKOSTEUER UND ANDEREN UMWELTTHEMEN IST DIE CDU LERNFÄHIG : Merkel schielt zu den Grünen
Der sichere Sieg der Union produziert einen Wahlkampf der neuen Art: Die CDU gönnt sich Ehrlichkeit. Die Ökosteuer wird nun doch nicht abgeschafft, ließ die Parteispitze gestern durchsickern. Verspätet hat nun offenbar auch die Union erkannt, dass die Ökosteuer dringend nötig ist, um die Renten zu finanzieren.
Über diese Begriffsstutzigkeit der CDU könnte man sich hämisch freuen, aber so doof ist die Union gar nicht. Sie agiert sogar taktisch raffiniert. Die CDU verliert nichts, nur weil sie jetzt beginnt, die Realitäten der Umweltpolitik anzuerkennen. Aber sie könnte gewinnen – indem sie sich langfristig neue Wählerschichten und Koalitionspartner erschließt. Die Grünen nämlich.
Wahlforscher predigen es immer wieder: Die Union muss die Jungen, Frauen und Städter überzeugen, will sie dauerhaft Erfolg haben. So könnten auch die Grünen ihre Klientel beschreiben. Aber nicht nur die Wähler überschneiden sich – auch die Parteien nähern sich an. Der Lagerwahlkampf zwischen Union und Grünen ist Inszenierung. Tatsächlich aber haben beide Parteien keine Lust, im Getto zu verharren. Sie wollen endlich mit allen Parteien koalieren können und nicht mehr entweder von der FDP oder von der SPD abhängen. In einigen Ländern ist man schon so weit: So dürfen die Grünen in Hamburg erleben, dass der CDU-Senat alle ihre Vorschläge wohlwollend prüft.
Auch auf Bundesebene gibt es Themen, die die Union von den Grünen adoptiert hat. So will die CDU die Ruhrkohle nicht mehr subventionieren. Eigenheimzulage und Pendlerpauschale dürften ebenfalls sinken, sobald die Union nach der Wahl allein bestimmen kann, wie die dadurch gesparten Milliarden verwendet werden.
Spannend wird es beim Thema Atomkraftwerke: CDU-Chefin Angela Merkel hat sich bereits festgelegt, dass die Laufzeiten verlängert werden. Auch den Ökostrom will sie nicht mehr so stark fördern. Das klingt radikal nach Lagerwahlkampf. Aber wer weiß, vielleicht entdeckt sie ja noch, dass auch Windkraft-Fans CDU-Wähler sein könnten.
ULRIKE HERRMANN