BEDROHLICHE GOLDHAMSTER IN NORDRHEIN-WESTFALEN UND WORAUF MAN BEIM BASEJUMPING SONST NOCH SO LANDEN KANN : Die Gefahrensucher
HEIKO WERNING
Sage niemand, die Politik kümmere sich nicht um die dringlichen Probleme unserer Zeit. In Nordrhein-Westfalen etwa geht die rot-grüne Landesregierung unter Umweltminister Johannes Remmel nun endlich gegen all die herumstreunenden Giftschlangen und Krokodile vor. Ein Gefahrtiergesetz soll kommen und die Menschen zwischen Köln und Bielefeld davor schützen, sich beim Überqueren der vierspurigen Hauptverkehrsstraße plötzlich Aug in Aug einer Speikobra gegenüberzusehen oder beim Basejumping versehentlich auf einer Klapperschlange zu landen.
Deshalb soll die Haltung gefährlicher Wildtiere nun verboten werden. Allerdings stehen in der dem Gesetzesentwurf beigefügten Liste nun eine ganze Reihe von Arten, die das Bedrohungspotenzial eines Goldhamsters oder eines Mopses aufweisen. Aber halt nicht so niedlich aussehen. Das Auge fürchtet ja schließlich mit.
Doch kein bahnbrechendes Gesetz ohne kleinmütige Nörgler. Wissenschaftler etwa, die herummäkeln, dass die zoologische Forschung leide, sollte zukünftig keine Kooperation mit Privathaltern mehr möglich sein. Zoos und Auffangstationen, die anmerken, sie hätten gar nicht die Möglichkeit, all die Tiere, die dann beschlagnahmt und staatlich versorgt werden müssten, artgerecht unterzubringen – und dass das in jedem Fall sehr, sehr teuer würde, weil da durchaus erkleckliche Zahlen zusammenkämen. Tierärzte, die jammern, dem Tierschutz würde ein Krokodilsdienst erwiesen, weil sich dann niemand mehr mit solchen Kriech- und Krabbeltieren zu ihnen traue, was unterm Strich zu erheblich ernsteren Tierschutzproblemen führe. Und schließlich die ja sowieso immer nur herummäkelnden Städte und Kommunen, die die Umsetzung am Hals hätten und den Gesetzentwurf als Beispiel für sinnlose Bürokratie geißeln. Mit dem Argument, es gebe überhaupt keine Notwendigkeit für eine solche Regelung. Die tolle Problemlösung scheitere also daran, dass es gar kein Problem gebe.
Tatsächlich ist bislang kein einziger Fall bekannt geworden, bei dem Unbeteiligte durch privat gehaltene Gifttiere, Vogelspinnen oder Skorpione ernsthaft zu Schaden gekommen wären. Die Handvoll Unfälle in den letzten Jahren betraf ausschließlich die Pfleger selbst. Und das soll ja vorkommen, dass Leute bei der Ausübung ihrer Freizeitaktivitäten Blessuren erleiden.
Würde NRW etwas gegen wirklich gefährliche Tiere mit ansehnlichem Bodycount unternehmen wollen, müsste es Pferde und Hunde verbieten (und im Dienste des Tier- und Naturschutzes selbstverständlich Katzen). In Sachen Gefahrenabwehr für die Bevölkerung wären womöglich auch Autos, Kneipen, Heimwerkermärkte und Fußballplätze ein klitzekleines bisschen ergiebigere Ziele.
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Mittwoch Martin Reichert Erwachsen
Donnerstag René Hamann Unter Schmerzen
FreitagMeike Laaff Nullen und Einsen
Aber vielleicht setzt ja ein tatsächlich verantwortungsloser Halter, der sich durch die Neuregelung in die Illegalität abgedrängt oder von kostspieligen Auflagen bedroht sieht, schließlich doch noch ein gefährliches Tier aus. Wenn es dann zu einem Unfall käme, hätte das Land wenigstens ein passendes Gesetz schon verabschiedet.