BBQ am Sonntag in der Scandia-Bar : Schrottgitarre schlägt Schnarchschlager
Millionen Deutsche suchen den Superstar – und sind erstaunt, dass zumeist bloß mindercharismatische Musikpflaumen und peinliche Selbstdarsteller als solche gekürt werden. Dabei ist das kein Wunder: Nur weil Dieter Bohlen seine ausgelutschten Notenfolgen von halb begabten Teenagern vortragen lässt, wird noch lange nicht Musikgeschichte geschrieben. Viel spannender als den Fernsehmachern die Vorauswahl künftiger Musikstars zu überlassen ist es doch, das Urteil wieder den eigenen Ohren zuzumuten. Und das geht traditionell am besten in den kleinen Musikclubs.
Eben dort gibt‘s so einiges zu entdecken, zum Beispiel den Kanadier Mark Sultan. Statt Casting-Erfahrung kann er mehrere Veröffentlichungen beim Minilabel Sympathy for the Record Industry vorweisen, zudem hat er als Sänger der Punkband Spaceshits etliche zwielichtige Etablissements in der US-amerikanischen Provinz beschallt. Sein guter Kumpel aus dieser Zeit ist King Khan, der, statt mit seiner heißen Soulrevue The Fabulous Shrines aufzutrumpfen, bei seinem letzten Besuch in Hamburg ein Battle of the One-Man-Bands anzettelte – mit besagtem Mark Sultan.
Dieser nennt sich auf der Bühne BBQ und schaffte an jenem Abend das schier Unmögliche: Mit Bonsai-Schlagzeug, Schrottgitarre und famosen Kehlenlauten brachte er ganz allein die Menge zum Tanzen und Johlen. Vielleicht gelingt ihm das gerade, weil er auf überflüssigen Schnickschnack verzichtet: Zum schnellen Uff-Ta-Beat, der gelegentlich von der Rock‘n‘Roll-Gitarre überholt wird, weiß er seine Stimme herauszupressen wie alte Soulsänger das zu tun pflegen. Es ist dieser kraftstrotzende Gesang, der alles zusammenhält und dafür sorgt, dass BBQ‘s Garagensound im Gedächtnis bleibt – vielleicht ja sogar länger als die aufwändig produzierten Schnarchschlager der neuen TV-Superstars. SUSIE REINHARD
mit The Treekillaz: Sonntag, 22 Uhr, Scandia-Bar, Gerhardstr. 7