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Archiv-Artikel

BAHNPREISE: FAHRGASTVERBANDS-KRITIK ZIELT IN DIE FALSCHE RICHTUNG Der Kunde wird entscheiden

Ab Sonntag kostet die Bahnfahrt zwischen Hamburg und Berlin 6 Euro mehr. Das ist o. k., schließlich spart man eine halbe Stunde und ist deutlich schneller als mit dem Auto. Leider ist die Preispolitik der Bahn nicht immer so transparent. Daher fällt es zunächst schwer, die Preiserhöhung im gesamten Personenverkehr nachzuvollziehen. Die Bahn verweist auf gestiegene Energiepreise. Doch hauptsächlich dürfte es darum gehen, das Defizit aus dem Fernverkehr zu verringern.

Natürlich ärgert die Preiserhöhung die Fahrgastverbände. Sie sprechen von einem „falschen Signal“, das neue Kunden abschrecke. Doch diese Kritik zielt in die falsche Richtung. Zunächst einmal kann es nicht allein darum gehen, mehr Menschen in die Züge zu bringen. Sie müssen auch kostendeckend transportiert werden können. Nachhaltigkeit ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Frage.

Zudem hat die Vergangenheit gezeigt, dass notorische Autofahrer nur über Schnäppchenangebote zu kriegen sind. In die richtige Richtung gehen Aktionen wie die im Sommer, als die Bahn für 29 Euro Städteverbindungen anbot. Dass das Kontingent begrenzt war, wunderte nicht. Schließlich jetten auch die wenigsten Menschen für 9 Euro durch Europa, und niemand wirft das den Billigfliegern vor. Durch Sparangebote könnten Gelegenheitsfahrer die Vorzüge der Bahn entdecken – und dann öfter mal das Auto stehen lassen.

Solche Marketingaktionen sollten der Bahn auch künftig noch möglich sein. Schließlich soll sie sich – nach dem erklärten Willen des Parlaments – verhalten wie ein Privatunternehmen und die Staatskasse nicht mehr belasten. Als private Firma kann die Bahn mit ihren Angeboten und Preisen in den Wettbewerb eintreten und die Kunden entscheiden lassen. Nur: Hier gibt es ein Problem. Denn noch ist die DB – zumindest im Fernverkehr – quasi ein Monopolist, der das aus Steuermitteln finanzierte Schienennetz nicht aus der Hand geben will. Bei der Telekom sorgt ein Regulierer für mehr Wettbewerb. Möglicherweise ist das auch ein Modell für die Bahn. STEPHAN KOSCH