BAHNLÄRM: Bremsen für den Lärmschutz

Ein Tempolimit für Güterzüge würde schnell und billig Lärm reduzieren, räumt die Bahn ein. Umsetzen will sie es aber nicht. Und die Politik hält sich für unzuständig.

Rauben den Schlaf, nicht nur am Concordia-Tunnel: Ratternde Züge Bild: dpa

"Ich kann nicht schlafen. Alle zehn Minuten poltern die Züge direkt durch meinen Kopf hindurch." So bringt eine Anwohnerin im Concordia-Theater auf den Punkt, was Tausende des Nachts quält: Güterzüge auf dem Weg von und zu den Häfen, die ratternd und quietschend mitten durch das Bremer Stadtgebiet rollen. Eine Bürgerinitiative hat dem Lärm den Kampf angesagt, am Montagabend luden die Grünen AnwohnerInnen, Bahn und Staatsrat zur Diskussion.

Schnelle und kostengünstige Abhilfe, das räumt auf dem Podium auch der Konzernbevollmächtigte der Bahn AG, Ulrich Bischoping, ein, brächte etwa ein Tempolimit für die nächtlichen Güterzüge. Nur: Wer führt es endlich ein? Die Frage kommt aus dem Publikum. Bischoping guckt den Staatsrat aus dem Umweltressort an, Wolfgang Golasowski, der am anderen Ende des Podiums sitzt. Der guckt zurück. Beide zeigen mit dem Daumen, wer ihrer Meinung nach zuständig ist: der jeweils andere.

So ähnlich geht es weiter. Golasowski beteuert, der Senat tue alles in seiner Macht stehende, um den Lärm auf ein "vernünftiges Maß" zu reduzieren. Initiativen-Sprecher Walter Ruffler weist das als "typischen Politiker-Ausdruck" zurück und verlangt konkrete Lösungen. An Vorschlägen mangelt es nicht: vom Nacht- und Sonntagsfahrverbot für Güterzüge über die Einführung lärmabhängiger Trassenpreise, eine Abwrackprämie für alte und laute Waggons bis zum Bau einer Güterbahn-Umgehungsstrecke.

Bischoping äußert sich nur zum Trassenpreissystem: Von einer Strafe für Unternehmen mit nicht-lärmsanierten Waggons hätten die AnwohnerInnen nichts: "Dann zahlen die Spediteure eben einen Aufpreis - die Züge zu sanieren wäre um einiges teurer." Die Bahn AG etwa würde allein die Erneuerung der Bremsen ihrer Güterzüge, eine der Hauptursachen des Schienenlärms, bis zu 600 Millionen Euro kosten, rechnet er vor: "Wir sind die Deutsche Bahn, nicht die Deutsche Bank."

Voraussetzung für Lärmreduktionsmaßnahmen seien in jedem Fall entsprechende Vorschriften des Bundes, wenn nicht sogar der EU. Ohne diese werde es keine Neuerungen geben, stellte Bischoping klar.

Was ein mögliches Tempolimit angeht, ist die Situation indes eindeutig. Für Geschwindigkeitsbegrenzungen, teilt das Eisenbahn-Bundesamt auf Nachfrage der taz mit, sind die Schienennetzbetreiber selbst zuständig - sprich: die Bahn AG.

Es gebe, versuchte Golasowski am Ende des Abends den Unmut zusammenzufassen, offensichtlich einen Bedarf für einen Ansprechpartner, eine "Ombudsperson", die sich um die Belange der lärmgeplagten AnwohnerInnen kümmere. Dafür wolle er sorgen. Das Umweltressort betonte dazu gestern, es handele sich bisher lediglich um eine "Idee". Welche Kompetenzen diese Ombudsperson gegebenenfalls haben könne, sei noch ebenso offen wie die Frage, wer sie finanzieren und mit wem die Stelle besetzt werden solle.

Ruffler kritisierte, Politik und Bahn hätten sich den ganzen Abend vor konkreten Zusagen gedrückt und aus der Verantwortung gestohlen. Den Vorschlag eines Lärmschutz-Ombudsmanns bewertete er verhalten positiv. Dann gebe es immerhin jemanden, an den man sich mit Beschwerden richten könne.

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