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AutotestIst blau grüner als grün?

Der VW Polo Blue Motion ist das familientaugliche Massenmarkt-Auto mit dem niedrigsten Kohlendioxidausstoß in Deutschland.

Mit vier Liter fahrbar? VW Polo Bild: dpa

Ist blau grüner als grün?

Der taz-Autotest: Der VW Polo Blue Motion ist das familientaugliche Massenmarkt-Auto mit dem niedrigsten Kohlendioxidausstoß in Deutschland. Kann man ihn mit weniger als vier Litern fahren?

VON PETER UNFRIED

Der Autotest der taz berücksichtigt ausschließlich moderne, umweltfreundliche Fahrzeuge, die weniger als 110 g Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Leider gibt es kaum Massenmarkt-Autos unter 110g/km.

Der Umweltfaktor: Die vom Unternehmen anfangs angegebenen 102 g/km hat der VW Polo Blue Motion 1.4L TDI jetzt sogar noch mal unterboten: Durch Motormanagement-Optimierungen sei man nun bei 99 g/km, sagte ein VW-Sprecher der taz. Dieses Eindringen in den zweistelligen Bereich rettet nicht die Welt, ist aber ein hochsymbolischer Akt. Bei 99 wird es langsam interessant. Auch vorher war der Blue Motion das fünfsitzige konventionelle Auto mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß in Deutschland. Jedenfalls von den Fahrzeugen, die noch gebaut werden. Weniger hat nur noch der neue zweisitzige Smart cdi. Der Polo Blue Motion ist auch das einzige Fahrzeug eines deutschen Autobauers in den Top Ten der Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). In der Fahrzeugmoderne ist der "sparsamste Polo aller Zeiten" (Eigenwerbung) bei VW allerdings noch allein auf weiter Flur. Der normale Polo (Benzin) stößt immer noch 138 Gramm aus. Eine klassische "Green-Washing"-Strategie, also singulärer Ökoglamour, der auf das ganze Unternehmen abstrahlen soll? Nun: Mit dem soeben auf dem Markt erschienenen Blue-Motion-Bruder Passat (ebenfalls 138 g/km) gibt es immerhin auch einen Versuch, eine ökologischere Variante in die Autobahn-Vielfahrer-Mittelklasse einzubringen. Wer null Emission anstrebt: Der Blue Motion ist von VW nicht für Umrüstung auf Pflanzenöl freigegeben. Grund: Der Rußpartikelfilter könne das nicht ab.

Der Technikfaktor: Der Blue Motion ist ein Diesel (Euro 4) und hat serienmäßig einen Dieselrußfilter. Sehr gut. Dafür hat er serienmäßig keine Klimaanlage, was auch sehr gut ist. Die Klimaanlage wird bekanntlich objektiv im Schnitt nur an einem Tag im Jahr gebraucht (das ist aber genau der unglaublich heiße Tag, an dem man in Urlaub fährt, schon klar). Im Grunde ist sie eine Klimakilleranlage. Um den Verbrauch zu reduzieren, hat der Blue Motion serienmäßige (leichte) Alufelgen, ist tiefergelegt (!) und hier und dort optimiert, um den Luftwiderstand zu reduzieren. Die Gänge sind auf niedertouriges Fahren, nicht auf Sprinten ausgelegt, was aber kein Problem ist.

Wie fährt man bis Tempo 100? Beim Fahren über Land im Bereich zwischen 80 und 100 km/h ist der Polo Blue Motion ein ganz Großer. Die 100 Kilometer lange Testfahrt aus Berlin raus schafft er mit 3,2 Litern. Das ist mit drei Personen im Wagen nur noch von den offiziellen Dreiliterautos (Audi A2, Lupo) zu unterbieten. Freilich gibt es immer wieder Leute, die sich wundern, warum ihr Auto nicht die versprochenen Verbrauchszahlen erreicht. Zum einen sind diese Zahlen von den Autounternehmen bei Idealbedingungen hart erarbeitet, zum anderen kommt es stark auf die Fahrweise an. Mit Schnullibullifahren geht es nicht. Stattdessen: schnell schalten, untertourig fahren, nicht aktionistisch, das Gaspedal kosen, nicht drauf rumtrampeln usw. Der 3-Zylinder-Dieselmotor gilt als etwas laut, weil man auf Gewicht geachtet und daher auch Dämmmaterial eingespart hat. Akzeptable Abhilfe schafft das CD-Radiosystem "RCD 200" (Aufpreis: 466,77 Euro).

Wie fährt man bei Tempo 50? Generell sind nur die ersten fünf Minuten einer Fahrt spritintensiv. Danach kann man auch im Stop-and-go-Verkehr in der Stadt schnell Richtung 5,0 Liter fahren. Es fehlt aber die essenzielle Start-Stop-Automatik für die Ampel, die der Prius, der Honda Civic Hybrid, der 3-Liter-Audi und auch der 3-Liter-Lupo haben.

Familienfaktor: Okay. Zwei Kinder haben hinten genügend Platz. Drei kleine bis mittlere auch. 270 Liter Kofferraum sind nicht wirklich viel, genügen aber in 95 Prozent aller Fälle. Dienstwagentauglichkeit: der optimale kleine Dienstwagen für kleine Parteien.

Spaßfaktor: Der Polo, tja, wer kennt ihn nicht? Falls der Spaß nicht schon beim Preis aufhört (ab 16.300 Euro), hat man Vergnügen am Blue Motion eindeutig dann, wenn man es gut findet, mit möglichst geringem Verbrauch zu fahren. Die wunderbare Verbrauchsanzeige sagt einem, wie viel man im Moment verbraucht oder wie viel man im Schnitt seit Beginn der Fahrt verbraucht hat. Wenn die Verbrauchsanzeige neu gestartet ist, sieht man, wie sprit- und emissionsintensiv jeder Start an der Ampel ist. Da plagt man sich, das Pedal sanft zu streicheln ...und dennoch kassiert man kurzfristig absurde Verbrauchszahlen, die einem gleich wieder den Schnitt versauen. Wenn man aber aus der Stadt rausfährt und seinen Schnitt kontinuierlich senkt, bis er auf der Landstraße unter die 3,5-l-Grenze sinkt ... das kommt richtig gut.

Statusfaktor: Wird steigen. Das blaue "Blue Motion"-Signet auf dem Kofferraum ist angenehm bescheiden, weist den Besitzer aber nicht als gewöhnlichen VW-Kunden aus, sondern als einen nachdenklichen Konsumenten, dem es nicht um das Angeben geht, sondern um die Sache.

VW Polo Blue Motion 1.4 TDI Ist: ein fünfgängiges Dieselfahrzeug mit fünf Sitzen, das als einziger Volkswagen weniger als 120g/km CO2 ausstößt und damit das Umweltbewusstsein von VW ausweisen soll CO2-Ausstoß: 99 (bis 108) g/km Verbrauch (laut Hersteller): 3,8 (bis 4,1) l Diesel. Tatsächlicher Verbrauch (im taz-Test): 3,2 l über Land bei Profifahrweise. 3,8 l bei Autobahn/Überlandfahrt, Stadt: 5,0 l ab mehr als 4 Kilometern Stop and Go, bei freier Fahrt 4,2 l Treibstoff: 100 % Fossil PS: 80 (59 KW) Höchstgeschwindigkeit: 176 km/h Sitzplätze: 5 Kofferraum: 270 Liter Preis: ab 16.300 Euro. Als Viertürer ab 17.100 Euro Familientauglichkeit: Ja. Welches Auto soll die taz testen? tazzwei@taz.de

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