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Archiv-Artikel

Autonomiegebiete

In den palästinensischen Autonomiegebieten leben etwa 3,8 Millionen Menschen, davon 64 Prozent im Westjordanland und 37 Prozent im Gaza-Streifen, wo die Bevölkerungsdichte der Berlins entspricht. Die Geburtenrate ist eine der höchsten der Welt – mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt. Innerhalb des Westjordanlandes inclusive Ostjerusalem wohnen zudem mehr als 432.000 jüdische Siedler. 25 Prozent der palästinensischen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, und die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, vor allem in Berufen mit hoher Qualifikation. Zurzeit befinden sich nach palästinensischen Angaben ca. 8.500 palästinensische Häftlinge in israelischer Gefangenschaft, davon mehr als 300 Kinder.

Die israelischen Sperranlagen trennen Israel vom Westjordanland. Während momentan längere Abschnitte lediglich abgezäunt sind, soll die 2003 unter Ariel Scharon begonnene Mauer bis zu ihrer Fertigstellung Ende dieses Jahres 622 Kilometer lang sein. Offiziell für den Terrorschutz gebaut, ist der acht Meter hohe Wall sowohl ein psychologisches Machtmittel, das das öffentliche Leben der palästinensischen Bevölkerung erschwert, als auch – entgegen Israels Beteuerungen – eine Taktik der Grenzverschiebung. So verlaufen lediglich 15 Prozent der Sperranlage entlang der 1949 festgelegten grünen Grenze, der Rest steht auf palästinensischem Boden. Zurzeit sind 15 palästinensische Kommunen durch den Schutzwall isoliert – von dort ist der Zugang zu den Autonomiegebieten durch willkürliche Öffnungszeiten an den Grenztoren stark eingeschränkt. Zudem mussten über 14.000 Menschen durch den Bau der Mauer umgesiedelt werden.

Seit der Räumung der jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen im September 2005 unterliegt die Verwaltung der Region und ihrer Grenzen offiziell palästinensischer Hoheit. Gleichwohl untersteht die Verwaltung der strengen Kontrolle Israels – das auch militärisches Eingreifen androht, wie zuletzt vor gut zwei Wochen, als Palästinenser die von Israel errichteten Grenzanlagen zwischen dem Gaza-Streifen und Ägypten beschädigten.

Vor den Parlamentswahlen am kommenden Mittwoch ist es der Palästinenser-Regierung nicht gelungen, militante Gruppen im Gaza-Streifen zu einer vorübergehenden Abgabe ihrer Waffen zu bewegen. Bei den Wahlen wird die Fatah-Bewegung des Präsidenten Mahmud Abbas aller Voraussicht nach Verluste verbuchen, von denen die radikalen Hamas profitieren dürften. Trotz der Räumung des Gaza-Streifens und einer Verbesserung der Investitionslage sehen nur wenige Palästinenser optimistisch in die Zukunft. Nur 33 Prozent der Familien rechnen laut dem Palestine Quarterly Monitor mit einer Verbesserung ihrer Lebensumstände in den nächsten sechs Monaten.

JOHANNES BOCK