Automatisches Notrufsystem eCall: Schnellere Hilfe bei Autounfällen
Das EU-Parlament will den automatischen Notruf bei Neuwagen serienmäßig einführen. Datenschützer haben ihre Zweifel.
BERLIN taz | Neue Autos sollen nach dem Willen des EU-Parlaments ab 2015 das automatische Notrufsystem eCall bekommen. Die große Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg stimmte am Mittwoch für eine entsprechende Verordnung.
Das System alarmiert bei einem Unfall selbstständig den Rettungsdienst. Es reagiert zum Beispiel auf das Auslösen der Airbags. Dies könnte Leben retten, etwa wenn der Fahrer bewusstlos ist. Das System sendet dann auf Basis der EU-weiten Notrufnummer 112 Ort und Zeit des Unglücks sowie die Fahrtrichtung an die nächste zuständige Dienststelle.
Nach Angaben der EU-Kommission soll der Einbau von eCall etwa 100 Euro pro Fahrzeug kosten. Der Notruf an sich soll kostenlos sein. Er kann auch manuell ausgelöst werden. In jedem Fall wird auch eine telefonische Verbindung hergestellt.
Die Liberalen hatten vor einem „gläsernen Autofahrer“ gewarnt, dessen Bewegungen über eCall verfolgt werden könnten. Die SPD-Abgeordnete Evelyne Gebhardt ist überzeugt, es sei „sichergestellt, dass übermittelte Daten nur zur Rettung verwendet werden“. Doch bereits jetzt ist klar, dass es wohl nicht bei der Standortübermittlung in Notfallsituationen bleibt. So hebt die EU-Kommission hervor, dass sich die Technik auch für weitere Fälle nutzen lasse – etwa für die Ortung gestohlener Autos.
Ursprünglich sollte das System nach einem Beschluss von 2005 bereits vor fünf Jahren auf freiwilliger Basis eingeführt werden. Diese Initiative von EU-Kommission und Industrievertretern war jedoch versandet. Das EU-Parlament hatte deshalb im Sommer 2012 einen Gesetzesvorschlag für die verpflichtende Einführung von eCall gefordert. Ob es jetzt gelingt, den Beschluss fristgerecht umzusetzen, ist allerdings noch offen: Die Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament und den EU-Mitgliedstaaten sollen wegen der Europawahlen möglicherweise erst im Herbst beginnen. Bis Industrie und Rettungsleitstellen umgerüstet haben, dürfte es ebenfalls noch dauern.
Einige Automobilhersteller bieten bereits automatische Notrufsysteme per SMS an. In der EU kamen 2012 nach Angaben des Parlaments 28.000 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann