Auto-Show in Detroit: Die Spritschlucker sind zurück
Luxuslimousinen und Spritschlucker sind die Stars auf der Detroiter Auto-Show. Die Branche schafft auch in den USA wieder neue Arbeitsplätze, das Geschäft brummt.
RÜSSELSHEIM taz | Wirtschafts- und Finanzkrise? Autokrise? War da was? Ja, gestern. Auf der Auto Show in Detroit, USA, spielen das Thema und der Hype um Hybrid- und Elektroautos keine allzu große Rolle mehr, im Gegensatz zur Internationalen Automobil-Ausstellung 2009 in Frankfurt.
Zwar kommen auch die Autobauer in den Staaten aktuell nicht um die Präsentation Sprit sparender und emissionsarmer Kraftfahrzeuge herum. Schließlich verkaufte Toyota, der größte Autohersteller der Welt, seinen Hybriden Prius seit 2001 rund eine Million Mal in den USA. Allein 2010 bestellten 140.000 US-Amerikaner das japanische Auto, das mit einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor ausgestattet ist.
Jetzt wollen die schlanker gewordenen US-Automobilbauer General Motors (GM), Ford und Chrysler Marktanteile im Hybrid-Segment von den Japanern erobern und ihre Innovationskraft unter Beweis stellen. Gleichzeitig aber wird mit der Modellpalette 2011 signalisiert, dass die Branche zu alter Stärke zurückgefunden hat. Vor allem zu alter PS-Stärke, auch wenn die protzigen SUV jetzt verharmlosend "Light Trucks" genannt werden.
Zum traditionellen Start ins Autojahr trifft sich die Branche regelmäßig in Detroit. Die "North American International Auto Show" dauert bis zum 23. Januar. "Die ganze Branche erlebt eine Wiederauferstehung", sagte Messechef Barron Meade. Bis zu 40 Neuvorstellungen sollen gezeigt werden. Im vergangenen Jahr hatten 715.000 Besucher die Auto Show besucht. In diesem Jahr rechnet die Messeleitung mit mehr als 800.000. So viele waren zuletzt vor der Krise gekommen. (dpa)
Amerika baut wieder gigantische Saurier auf vier Rädern wie etwa GM den Cadillac CTS-V Coupé mit 556 PS. Trotz seines stolzen Preises von 63.465 US-Dollar werde dieses Auto schon jetzt "wie verrückt" geordert, kolportiert GM. Dagegen sehen deutsche Wagen wie Taxen aus, heißt es auf Englisch in der Werbung für das tonnenschwere Flaggschiff der Detroiter Flotte. Auch im Programm von GM: die "Light Trucks" Cadillac Escalade für 74.000 US-Dollar, der Chevrolet Tahoe mit 326 PS und der etwa gleich starke Buik Enclave.
Doch mit der Auslieferung gibt es Probleme. Der rasante Abbau der Produktionskapazitäten in den letzten fünf Jahren fordert jetzt seinen Tribut. Die Lieferengpässe seien "dem Kater nach der Insolvenz" geschuldet, sagt GM-Finanzvorstand Chris Liddell. Eine richtige Produktoffensive könne der Konzern denn auch erst 2013 starten, wenn neue Ingenieure eingestellt seien und begonnen werde, neue Produktionsstätten aufzubauen.
Auch Ford USA stellt wieder ein. Um 50.000 Menschen war die Belegschaft dort in den letzten vier Jahren auf jetzt nur noch 70.000 Beschäftigte abgebaut worden. Nun will Ford 7.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Auch für Ingenieure, die den Volumenhersteller zum Marktführer für Hybriden und Elektroautos in den Staaten und in Europa avancieren lassen sollen. Doch auch das ist Zukunftsmusik. In zwei Jahren erst kann es losgehen mit der Produktion von Autos mit alternativen Antrieben. Bis dahin beugt sich auch Ford den angeblichen Kundenwünschen nach "Big Cars". Gegen den Cadillac CTS-V setzt Ford den 40.000 US-Dollar teuren Expedition mit 310 PS.
Bei Crysler machen die "Light Trucks" sogar wieder 70 Prozent des Umsatzes aus, trotz der auch in den USA ständig steigenden Benzinpreise. Wegen ihres enormen Gewichts verbrauchen die Geschosse trotz optimierter Motoren, die etwa für GM bei Opel in Rüsselsheim entwickelt wurden, noch immer rund 20 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Sparen war ohnehin gestern - die Staaten sind wieder "der größte Markt für das Oberklassensegment", wie sich Ian Robertson ausdrückt, der Vertriebschef von BMW. 2010 sei das "zweitbeste Absatzjahr aller Zeiten für BMW in den USA" gewesen.
Auch die Modelle der C- und E-Klasse von Mercedes und die Modelle A3 bis A6 von Audi sind in den Staaten die Renner. Die deutschen Pkws, deren Motoren "Clean-Diesel" oder "Eco-Benziner" heißen, werden in den USA ab sofort als "Luxury Cars" deklariert. Weil die Deutschen auch Kraftstoff sparende "Light Trucks" - neuerdings auch als Hybriden - anbieten, stieg ihr Absatz in den Staaten 2010 um 28 Prozent auf rund 213.000 verkaufte Fahrzeuge. Darunter waren Cross Utility Vehicles, hoch wie Elefanten, mit denen neureiche Angeber auch hierzulande zum Einkaufen zu den Discountern fahren, weil sie sonst die horrenden Leasingraten nicht zahlen könnten.
Den Vogel auf der Auto Show schießt allerdings Porsche mit dem 918 RSR ab - ein einsitziger Supersportwagen als Hybrid mit einem Achtzylindermotor. Die Rakete, eine Konzeptstudie, wird von den Amis bereits nachgefragt, natürlich wie verrückt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt