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Auto-AffäreEin Maserati geht auf Trebe

Die Treberhilfe will ihren umstrittenen Dienstwagen jetzt an Touristen für Stadtrundfahrten vermieten. Die Diakonie fordert den Verkauf des Luxusschlittens.

Maserati: Der Chef-Obdachlosenhelfer der Treberhilfe fährt ein Auto dieser Marke Bild: pyntofmyld/Creative Commons BY 2.0 US

Harald Ehlert ist Chef der Treberhilfe. Nicht nur der schwarze Borsalino und der Seidenschal unterscheiden den korpulenten Endvierziger von seinen Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Wohnungslosenhilfe engagieren. Ehlert bezeichnet sich als Sozialunternehmer. "Ich bin ein Exot." Ein Maserati als Dienstwagen kommt da gerade recht.

Mehr als ein Jahr ließ er sich in dem Luxusschlitten - Teil des gemeinnützigen Vereinsvermögens - zu seinen Geschäftsterminen chauffieren. Am Montag dann kam für das Gefährt als Dienstwagen das Aus. Zuvor hatte das Diakonischen Werk der Treberhilfe wegen des Maserati mit dem Ausschluss aus dem Evangelischen Wohlfahrtsverband gedroht.

Durch einen Verkehrsverstoß hatte die Presse Wind von dem Dienstwagen bekommen. Die Entrüstung war groß, dass ausgerechnet ein Mensch, der 28 soziale Projekte betreibt, Maserati fährt. Ehlert verteidigte sich zunächst offensiv. Er habe keine Schuldgefühle, immerhin lege er pro Woche bis zu 1.000 Kilometer zurück und müsse auf der Rückbank arbeiten. Außerdem habe er mit dem Maserati provozieren wollen. "Warum darf einer, der hunderte Eigentumswohnungen besitzt, mit seinem Ferrari über den Kudamm donnern, aber einer, der 10.000 Leute aus Hartz IV geholt hat, nicht?", sagte er zu Journalisten.

Das war letzte Woche. Am Montag trat er erneut vor die Presse - diesmal, um zu verkünden: "Deutschlands erster und einziger Sozialmaserati wird abgeschafft." Der Wagen werde privatisiert und müsse sich sein Geld "nun selbst verdienen". Eine Idee habe er auch schon, sagte Ehlert, alles andere als kleinlaut. "Der Sozialmaserati wird zum Transparenzmaserati." Touristen und interessierte Berliner könnten sich damit an einem bestimmten Tag in der Woche gegen Entgelt zur Besichtigung von sozialen Einrichtungen fahren lassen. "Ich hoffe, dass viele Projekte mitmachen."

Als Reaktion auf die Ausschlussdrohung des Diakonischen Werks wollte Ehlert seine Kehrtwende indes nicht verstanden wissen. Er verzichte, damit die Sozialprojekte, die auf Spenden angewiesen seien, keine Einbußen erleiden. Die öffentliche Diskussion um den Maserati drohte dem Image der Projekte zu schaden, räumte Ehlert ein.

Er blieb jedoch dabei: "Es gab keine Maserati-Affäre, sondern nur eine Maserati-Provokation." Der Wagen sei weder durch Spenden noch durch Zuschüsse des Landes Berlin oder andere öffentliche Stellen finanziert worden, sondern aus den Gewinnen der gemeinnützigen Treberhilfe Berlin gGmbH. Die Treberhilfe gGmbH gehört je zur Hälfte dem Geschäftsführer und dem Verein Treberhilfe. Ehlert ist Chef von 280 Mitabeitern.

Dem Vorstand des Diakonischen Werkes ist Ehlerts Vorhaben nicht genug. Er forderte den Verkauf des Maserati, damit der Erlös wieder dem gemeinnützigen Vermögen zugeführt werden könne.

Die Diakonie bekomme Transparenz, aber nicht "mit Asche auf dem Haupt", sagte Ehlert. "Die Scheindevotion in der Sozialarbeit muss ein Ende haben." Auch Sozialarbeiter sollten einen anständigen Dienstwagen fahren dürfen, wenn sie hart arbeiteten. "Die professionelle Sozialarbeit der Treberhilfe ist ein Leistungsbereich und keine Bakschisch-Bude."

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7 Kommentare

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  • FN
    Floda Nashir

    Nee, Pauli: Niemand hat das Recht, Maserati zu fahren. Was soll der Quatsch? Wer sich das leisten kann, dem steht es frei, das ist das Wesen des Luxus. Und als Dienstwagen ist er ohnehin untauglich; und die Provokation einfach nur billig. Dass man Arbeiter im Sozialbereich natürlich ordentlich entlohnen soll, hat doch nichts mit affigen Dienstwagen zu tun.

     

    (Und überhaupt: Private Motorisierung gehört abgeschafft.)

  • D
    Dekadenz

    Ha, ha ha, der schlägt sich auf die Schenkel, so ein Fuchs! SPD-Mitglied und auch schon als Abgeordneter im Berliner Senat tätig. Ist das zum kugeln! Fällt auf wegen 80 € Bußgeld, die er nicht zahlen will. Masarati mit Chauffeur aus gemeinnützigem Vermögen. Leck Fett!!! Man kann's nicht glauben.

  • S
    spa

    Gewinne aus gemeinnütziger Tätigkeit, die auch im Fall der Treberhilfe zum größten Teil mit Steuermitteln finanziert wird (Jugendamt, HzE; Jobcenter, MAE; Senatsverwaltung Bildung, EU-Mittel) müssen entweder direkt in die weitere Arbeit im Sinne des Zwecks der Körperschaft investiert werden oder können zu bestimmten Teilen zur Sicherung des gemeinnützigen Trägers in die finanzielle Rücklage eingebracht werden.

     

    Beides ist bei der Anschaffung eines Maseratis oder andere höherwertiger Autos und sonstiger Luxusmittel nicht gegeben. Nicht ohne Grund ist das in der Branche unüblich - wie ja Ehlert selbst erkennt.

     

    "Sozialunternehmer" sind (nicht nur) wegen der Gemeinnützigkeit nicht einfach nur Unternehmer. Sie kommen auch aus anderen Traditionen - und in dieser anderen Tradition stehen die meisten dieser gemeinnützigen Vereine oder GmbHs: Schuster, bleib bei Deinem Leisten.

     

    Eine genaue Überprüfung der Gemeinnützigekeit durch die Finanzbehörden ist notwendig, denn ohne diese wäre die Treberhilfe von einem Großteil ihrer bisherigen Tätigkeit ausgeschlossen.

  • P
    Pauli

    Also Maserati fahren ist nicht weniger stulle als Porsche fahren. Aber die Stoßrichtung der Kritik, ein Mann, der im Sozialen arbeite, müsse dann korrekterweise einen Kleinwagen fahren, ist echt zum Kotzen. Da ist sie wieder, diese eklige Sozialneiddebatte. Wenn sich jemand um sozial Außenstehende, Treber halt, kümmert, dann kann es doch nicht sein, daraus im Luxus zu leben.

    Triebfeder dieser hohlen Argumentation ist natürlich, dass es sich bei sozialen Berufen um unproduktive Tätigkeiten handelt, bei denen hinten nix raus kommt. Und kost' ja eh allet nur Steuerjelder. Wenn wir schon von angemessener Entlohung für gesellschaftlich produktive Berufe sprechen, dann sind es doch vor allem Kranenschwestern, Sozialarbeiter, Abfallbeseitiger, Therapeuten und Leute im Einzelhandel, die Maserati fahren sollten.

  • D
    dies

    "Er betonte zugleich, dass keine Spendengelder in den Betrieb des Luxusautos geflossen seien – sondern „Entgelte für Leistungen“."Zitat aus einem Artikel TSP. 1. Diese Entgelte sind Steuergelder, 2. Sie werden bezahlt, damit Leistungen erbracht werden, z.b. Obdachlose menschenwürdig unterbringen, 3. die Menschen, die diese Leistung erbringen sollten von den Entgelten bezahlt werden und zwar angemessen!

    Ansonsten disqualifiziert sich der Herr selbst und ich habe großes Mitleid mit seinen Untergebenen.

  • F
    Frink

    Schönes Beispiel für die vielfältige Verquickung von Staatsknete und Gutmenschentum.

     

    Ich muss unwillkürlich an viele Entwicklungs- oder sonstige "Projekte" denken.

  • P
    peter

    lohnt sich das denn und verkaufen den?

    jetzt braucht er nen neuen dienstwagen und das wird bestimmt kein kleinwagen...

    denn ein neuwagen kostet auch geld