piwik no script img

Auszeichnung "Dinosaurier des Jahres"Nabu ehrt stinkende Kreuzfahrtschiffe

Der Naturschutzbund hat den "peinlichsten Umweltpreis" vergeben: Dieses Jahr an die Reisefirmen Aida und TUI. Deren Flotten seien voller "Rußschleudern".

Von wegen "weiße Flotte": Aida-Kreuzfahrtschiff. Bild: dapd

BERLIN taz | Wer in Sachen Umweltschutz in einem Jahr besonders negativ aufgefallen ist, den zeichnet der Naturschutzbund (Nabu) mit dem "Dinosaurier", einer aus Zinn gegossenen Nachbildung einer Riesenechse, aus. Für das Jahr 2011 erhielten gestern die Kreuzfahrtunternehmen Aida und TUI Cruises den "peinlichsten Umweltpreis".

"Ihre angeblich ,Weißen Flotten' sind in Wahrheit dreckige Rußschleudern, denn die Kreuzfahrtschiffe fahren auf hoher See immer noch mit giftigem Schweröl", sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke in Berlin. Ein einziges Schiff stoße damit so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Autos auf der gleichen Strecke.

Die verheerenden Auswirkungen der dreckigen Schiffsabgase für Mensch und Umwelt habe man bislang unterschätzt, erklärte Tschimpke. Die ausgestoßenen Rußpartikel seien stark gesundheitschädlich. Sie würden Meere überdüngen, Böden versauern und sich im Eis der Arktis ablagern.

Die immense Umweltbelastung lässt sich dem Nabu zufolge durch einen Rußpartikelfilter und durch die Verwendung von Schiffsdiesel um mehr als die Hälfte reduzieren. Die deutschen Reeder würden aber diese Neuerungen "aus Profitgier" vermeiden. An aufwendiger Unterhaltung wie Restaurants oder Casinos an Bord spare man hingegen aber nicht, so der Nabu-Präsident weiter. Die umweltschonenden Maßnahmen würden gar kein finanzielles Problem darstellen und die Passagiere nur ein wenig mehr kosten: im Schnitt 60 Euro pro Person und Reise.

Die Kreuzfahrtunternehmen zeigten sich gesprächsbereit. Man nehme diese "qualifizierte Kritik" ernst und stelle sich der Diskussion, teilte die Aida-Pressestelle der taz mit. TUI-Cruises erklärte, die Firma wolle ihre Strecken verkürzen und Treibstoff einsparen. Das Unternehmen arbeite auch daran, ein neues System zur Behandlung von Abgasen einzuführen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • MG
    Manfred Gerber

    PEINLICh PEINLICH

    hat das mal jemand nachgerechnet. Ein Ticket für eine Norwegenfahrt würde mehr als 10000 Euro alleine an Sprit kosten.

    Der Nabu ist selbst der Wolf im Schafspelz. Gelenkter Protest durch Regierungs- und Institutionsabhängige Naturschutzverbände. Wo ist der Unterschied zu China?

  • M
    meerwind7

    Greenwashing:

    Auf Ihrer Webseite behauptet die AIDA-Kreuzfahrt nun, die Schiffe hätten ein "strömungsoptimiertes Design des Rumpfes": Bare LÜGE, wie der Vergleich mit gleich großen / ähnlich schnellen Frachtschiffen zeigt, die aus wirtschaftlichen Gründen ein gute Rumpfform und insbesondere eine große beulenförmige "Nase" haben.

    Dagegen haben die AIDA-Schiffe mutwillig eine ungünstigere Rumpfform, mit einer großen Schräge der Buglinie, was zwar Schnittigkeit vortäuscht, aber in Wahrheit Design-Schnickschnack zu Lasten der Performance darstellt. Das weiß jeder Schiffsexperte und auch das AIDA-Management, aber die zahlenden Fahrgäste werden so doppelt für dumm verkauft. Oberdrein wird der Sprit-Mehrverbrauch noch in ihre Reisekosten einkalkuliert.

    Man lobt sich bei AIDA auch für "Energisparlampen in vielen Bereichen" - dies ist aber Pipifax im Vergleich zum Verbrauch für den Antrieb - und für LED hat es noch auch nicht gereicht ( http://www.aida.de/kreuzfahrt/startseite/umweltschutz.24444.html )

    .

    Das zentrale Problem ist allerdings, dass überhaupt diese riesigen Kisten so weite Strecken herumgefahren werden - weitgehend unnötig. Bei halber Entfernung könnte man auch schöne Ziele anfahren und das Programm an Bord wäre auch nicht schlechter, wenn das Schiff langsamer führe (halbe Geschwindigkeit ergäbe wohl rund ein Viertel des Verbrauchs).

    .

    Beispielsweise gibt es ständig Kreuzfahrten mit Fahrtverlauf Venedig - Istanbul - Venedig. Diese könnten auch jeweils als one-way-Strecke durchgeführt werden mit Charterflug in der Gegenrichtung, da könnte man unterwegs dieselben Häfen (wie Dubrovnik, Athen, ...) anlaufen und würde viel Sprit sparen (selbst das Flugzeug ist pro Person auf gleicher Strecke viel sparsamer als das Kreuzfahrtschiff).

    Wenn im Beispiel für die Rückfahrtstrecke Istanbul-Deutschland sogar ein luxuriöser Charterzug eingesetzt würde, wäre die Energieeinsparung natürlich noch etwas größer und das Reiseerlebnis noch vielfältiger, dabei könnte gegenüber fahrplanmäßigen Zügen Zeit gespart werden und viele interessante Halts eingelegt werden. Für die meisten Kreuzfahrtziele in Europa wäre ein one-way-Betrieb ökologisch besser. Aber dann würde den Fahrgästen die Strecke stärker bewusst...

    Zudem: Als Autofahrer fährt man ja auch nicht Konzerthaus und Hotel mit sich herum - auch ein Kreuzfahrtschiffe könnten mehr die örtlichen Ressourcen nutzen, beispielsweise Aufführungen in einem örtlichen Theater buchen, statt alles an Bord herumzukutschen.

    Interessant, dass zwar der NABU auch die Klimaschädlichkeit der Kreuzfahrten angreift, in der Berichterstattung aber nur noch von den Rußemissionen die Rede ist.

  • SM
    Sebastian Mayer

    Recht hat der Nabu, sollte sich aber trotzdem nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Gerade hat der "größte deutsche Umweltverband" (eigene Zählung) einen 1,6-Millionen-Fördervertrag mit dem VW-Konzern abgeschlossen, und auch von der Lufthansa lässt er seine Projekte seit Jahren sponsern. Da kann der Nabu ja wirklich nur noch das Schiff als umweltschädliches Verkehrsmittel anprangern, ohne die Geldgeber zu verprellen. Als Verbündeter gegen den Straßen- und Luftverkehr ist der Nabu jedenfalls nicht die erste Wahl. Einige Bürgerinitiativen haben das leider schon zu spüren bekommen. Wer sich für die Verkehrswende engagieren möchte, sollte lieber kleinere Organisationen wie Robin Wood, Rettet den Regenwald oder Autofrei Leben unterstützen.

  • F
    Fritz

    Bravo an den Nabu, doch er wird es schwer haben.

    Der deutsche Michel weiss nicht, was Abgase sind, aber er kennt "Liter". Da Schweröl mit weniger Liter mehr Brennwert von sich gibt, wird man bei uns annehmen, dass es sich um Superdiesel handelt.

    Wäre man ehrlich beim Schweröl, würde sich schnell die Frage nach der kaschierten Abgasproblematik beim Diesel stellen, dem Subventionsliebling in Europa.