Auswirkungen der Krise: Tausende von Abschiebung bedroht
Ende des Jahres läuft das Bleiberecht auf Probe aus. Für zehntausende Ausländer heißt das: Wenn sie bis dahin keine Arbeit finden, ist ihr Aufenthaltsstatus ungewiß.
BERLIN taz | Rund 28.000 Einwanderern, die seit sechs oder mehr Jahren in Deutschland leben, droht zum Ende des Jahres eine Verschlechterung ihres Aufenthaltsstatus oder gar die Abschiebung. Dann läuft die zweijährige Frist für das Bleiberecht auf Probe aus. Vormals jahrelang geduldete Ausländer erhielten nach einer Koalitionsvereinbarung von 2007 die Möglichkeit, ihre unsichere und mit Einschränkungen verbundene Duldung in einen unbefristeten Aufenthaltstitel umzuwandeln. Eine der Voraussetzungen: Innerhalb von zwei Jahren müssen sie nachweisen, ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten zu können. Für viele ehemals Geduldete, denen jahrelang der Zugang zum Arbeitsmarkt und Fördermaßnahmen versperrt wurde, ist das an sich schon keine leichte Aufgabe. Jetzt verringert die Wirtschaftskrise die Hoffnung auf einen sicheren Arbeitsplatz und ein geregeltes Einkommen.
"Die meisten haben sich deutlich um die eigenständige Sicherung ihres Lebensunterhalts bemüht", sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl über die 28.000 Betroffenen, "aber mitgebrachte Qualifizierungen von Fachkräften zählen hier wenig, viele arbeiten also äußerst prekär". Angesichts der Wirtschaftskrise fordert Mesovic als "Notnagel" eine "minimale, pragmatische Regelung", also eine Verlängerung des Bleiberechts auf Probe. "Bis sich auf dem Arbeitsmarkt etwas bessert, ist es schon 2011."
Auch Innenpolitiker der SPD verlangten am Mittwoch, die Aufenthaltserlaubnis auf Probe müsse per Gesetz zwei Jahre länger gelten. Der Bundestag solle noch vor der Sommerpause eine entsprechende Regelung erlassen. Danach, so fürchtet Pro Asyl, werden Bundestagswahlen und Koalitionsverhandlungen eine schnelle Einigung unmöglich machen.
Für CDU-Innenpolitiker und Bundestagsmitglied Reinhard Grindel kommt das nicht infrage. "Wir machen da nicht mit", so Grindel. Man wolle den Druck zur Integration erhalten. Zudem sei die Arbeitsmarktlage derzeit nicht so dramatisch wie 2007, als die Altfallregelung verabschiedet wurde. "Nur wenn es dramatische Veränderungen der Arbeitsmarktlage gibt, kann man über eine Fristverlängerung nachdenken." Dann steht für Grindel aber auch die Frage an, was mit geduldeten Ausländern passiert, für die die Altfallregelung nicht gilt. "Die müssen rückgeführt werden", so Grindel.
Für zehntausende Ausländer, die mit dem neuen Zuwanderungsgesetz auf ein Ende ihrer aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit gehofft hatten, dürfte die Zitterpartie am 31. Dezember also von Neuem losgehen.
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