Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes: Deutsche fliegen auf Kabul
Am Donnerstag stimmt der Bundestag über eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes ab. Weitere 300 Soldaten sollen den Luftraum vom Flugzeug aus sichern.
BERLIN taz | Ohne viel Federlesens wird der Bundestag am Donnerstag mit großer Mehrheit einer weiteren Aufstockung des Afghanistaneinsatzes zustimmen. War die Obergrenze der zu entsendenden Bundeswehrsoldaten erst im Oktober 2008 auf 4.500 festgelegt worden, so sollen nun bis zu 300 weitere Soldaten für den Betrieb der sogenannten Awacs-Flugzeuge an den Hindukusch geschickt werden können.
"Awacs" heißt "Airborne Early Warning and Control System". Bezeichnet wird damit ein Flugzeug, das dank eines Radaraufsatzes den Luftverkehr koordinieren kann. Die Nato-Befehlshaber haben schon vor einem Jahr nach Awacs-Flugzeugen für Afghanistan verlangt. Die Flugdichte nimmt dort stetig zu - aktuell etwa durch die Truppenaufstockungen der USA. Ordentliche Flugsicherung vom Boden aus gibt es nicht. Die Awacs der Nato sind in Geilenkirchen bei Aachen stationiert.
Die Luftverkehrskoordination durch Awacs wird nicht nur dem Truppentransport und dem zaghaft wachsenden zivilen Flugverkehr in einem Land dienen, das nur eine einzige - unsichere - überregionale Straße, die "Ring Road" hat. Die Awacs werden auch den Luftraum für Luftangriffe frei halten: für solche, die unter dem Isaf-Wiederaufbaumandat der UNO stattfinden - absehbarerweise aber auch für solche unter dem umstritteneren US-amerikanischen Antiterrormandat OEF (Operation Enduring Freedom).
Die Regierung geht jedoch davon aus, dass die USA für ihre OEF-Luftangriffe auf US-Awacs zurückgreifen werden. In ihrem Antrag schreibt sie: "Die Nato-Awacs haben nicht die Aufgabe, geplante OEF-Luftoperationen zu koordinieren oder zu führen."
Unabhängig davon, wie sinnvoll eine Unterscheidung zwischen OEF- und Isaf-Luftangriffen ist, dient dieser Hinweis auch der sozialdemokratischen Logik: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hält sich zugute, den ohnehin symbolischen deutschen Beitrag zum Antiterrorkampf in Afghanistan unter OEF-Mandat beendet zu haben.
Neben Union, SPD und FDP wollen die Grünen dem neuen Afghanistanengagement dieses Mal mehrheitlich zustimmen. Das liegt vor allem daran, dass der Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei von seinem zuletzt gepflegten Kurs der skeptischen Enthaltung abgerückt ist.
Gemeinsam mit den Außenpolitikern Jürgen Trittin und Kerstin Müller empfiehlt Nachtwei seiner Fraktion ein Ja zu den Awacs. Ihr Einsatz diene insgesamt der Risikominderung. 2008 habe es etwa 80 "zivile Annäherungen/Beinahe-Unfälle" gegeben, schreiben die drei Grünen. "Die Sorge, dass der Awacs-Einsatz dazu führen könnte, dass es zu einer Zunahme von Luftangriffsoperationen kommt, die im Tod unschuldiger Zivilsten enden, sehen wir nicht."
Uli Cremer von der Grünen-Friedensinitiative findet insbesondere Nachtweis Kursschwenk "sehr bedauerlich". Er fragt sich, "wie die Grünen zum Jahresende bei der nächsten Isaf-Mandatsverlängerung zu einer konsistenten Haltung finden wollen". Die Initiative hat für ein Nein der Fraktion geworben, denn durch die Awacs werde der Krieg in Afghanistan nur ausgeweitet. Mit dieser Begründung stimmt auch die Linksfraktion dagegen.
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