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Ausweisung auf eigene RechnungLieber ohne meine Tochter

Weil ein Hamburger CDU-Politiker seine afrikanische Ex-Geliebte samt gemeinsamer Tochter mit Hilfe illegal verwendeter Dokumente abschieben lassen wollte, stellt seine Partei ihn nun kalt.

Unter Beschuss: Lars M. Bild: CDU

Jahrelang hatte er alles bestritten, am Montagabend aber brach seine Verteidigungshaltung in sich zusammen. Der CDU-Ortsvorsitzende des in Hamburg-Altona gelegenen Stadtteils Nienstedten, Lars M., war vom Kreisvorstand seiner Partei einbestellt worden, um Stellung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu nehmen.

Der Spiegel hatte in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, der heute 47-jährige, der für seine Partei als Sprecher für Integration und Gleichstellung auftritt, habe eine afrikanische Asylbewerberin geschwängert und sich anschließend um die Unterhaltszahlungen gedrückt. Doch damit nicht genug: Der Oberstleutnant der Reserve soll mithilfe von vertraulichen Behördendokumenten, zu denen er als Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Zugang hatte, die Abschiebung der Frau samt seiner eigenen Tochter betrieben haben. Vor Gericht hatte Lars M. die Vaterschaft zwei Jahre lang abgestritten, am Montag vor der Altonaer CDU-Spitze aber räumte er sie - so ein Teilnehmer der Runde - schließlich ein.

Schon am Montagnachmittag war Hamburgs CDU-Vorsitzender Michael Freytag mit den Altonaer CDU-Spitzenfunktionären übereingekommen, Lars M. "bis zur Klärung des Sachverhalts" von all seinen politischen Ämtern zu entbinden. Am Abend legten ihm seine Altonaer Parteikollegen dann nahe, von sich aus sein Mandat in der Altonaer Bezirksversammlung und den Ortsvorsitz endgültig niederzulegen. "Noch hast du es selbst in der Hand", wurde Lars M. gemahnt, doch die unverhohlene Drohung traf auf taube Ohren. Statt zurückzutreten forderte er die "Solidarität" seiner Partei ein. "Der Mann ist völlig durch den Wind und kaum einsichtsfähig", so ein Augenzeuge.

Dabei liegt der Sachverhalt nach zwei Verfahren vor dem Duisburger Amtsgericht und dem Düsseldorfer Oberlandesgericht klar auf dem Tisch: Über eine Kontaktanzeige hatte Lars M. 2003 die heute 34-jährige Kongolesin Rachel L. kennengelernt. Im Dezember 2003 zeugte er mit ihr eine gemeinsame Tochter - was er bis vergangenen Montag bestritt.

Der Mutter seiner Tochter warf Lars M. vor, sie wolle ihn zur Anerkennung einer "Scheinvaterschaft nötigen", um sich "einen dauerhaft subventionierten Aufenthalt im Bundesgebiet zu verschaffen". Um das zu untermauern, erklärte er vor Gericht mal, mit der Frau nie verkehrt zu haben, dann wieder betonte er, sterilisiert zu sein. Ohne stichhaltige Beweise behauptete er schließlich, Rachel L. sei zum Zeitpunkt ihrer Liaison verheiratet gewesen, das Kind also dem Ehemann zuzuordnen. Als all das nicht verfing, benannte Lars M. Zeugen, mit denen er das für die Zeugung infrage kommende Wochenende weit entfernt von seiner in Duisburg untergebrachten Geliebten in Schwerin verbracht haben will.

Selbst nachdem ein angeordneter Bluttest im April 2008 seine Vaterschaft bestätigt hatte, leugnete er weiter und behauptete, die Blutproben müssten vertauscht worden sein. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht stellte fest, dass Lars M., der auch als ehrenamtlicher Richter des Hamburger Oberverwaltungsgerichts fungiert, sich durch "wahrheitswidrige Behauptungen Vorteile verschaffen wollte".

Vor Gericht zitiert Lars M. zudem freimütig aus der Asylverfahrensakte seiner ehemaligen Geliebten, die er sich nur über seinen Job im BAMF besorgt haben kann. "Zwischen den Zeilen hat er dem Gericht nahegelegt, Rachel L. samt der gemeinsamen Tochter sei in den Kongo abzuschieben", erinnert sich der Duisburger Anwalt der Afrikanerin, Michael Kosthorst.

Ende 2007 kam das Düsseldorfer Gericht deshalb zu der Einschätzung, Lars M. habe durch "Auswertung verwaltungsinterner Akten für private Zwecke" mit "unlauteren Mitteln" agiert. Das Bundesamt leitete disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen M. ein. "Die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter wurden entsprechend der Vorschriften nach dem Bundesdisziplinargesetz behandelt", teilt BAMF-Sprecherin Claudia Möbus mit.

"Der Verdacht des Amtsmissbrauchs steht im Raum", weiß auch ein Parteikollege von M und beklagt, dass dieser Unterlagen über das Disziplinarverfahren am Montag nicht beibrachte. Er habe sich "an der Aufklärung des Sachverhalts nur teilweise beteiligt", heißt es aus der CDU.

Inzwischen kündigte Lars M. an, er wolle seinen Unterhaltspflichten nun nachkommen. Ein Vorsatz, den Anwalt Michael Kosthorst allerdings bislang "nur aus der Presse" kennt.

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1 Kommentar

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  • FE
    Frank Engelen

    Kaum zu glauben, dass sich RA Kosthorst dafür einzusetzen scheint, dass Väter Unterhalt zahlen.

    Führt er doch in einem anderen Fall herbei, dass eine unterhaltspflichtige Mutter ihren Job niederlegt, eine Ausbildung beginnt und dann ihre Unterhaltspflicht ihrem eigenen Kind gegenüber verletzt.

     

    Als der Anwaltskollege Voßkamp, Berufsvormund des Mündels nach 6 Monaten Beschlusslosigkeit des Unterhaltsverfahrens seines Mündels einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellt, fordert der "Fachanwalt für Familienrecht" Kosthorst den minderjährigen Schüler auf, selber mit Nebenjobs für seinen Unterhalt zu sorgen.

    Für einen Gefälligkeitsdienst - der Junge hatte einem Freund des Vaters etwas beim Renovieren geholfen - soll er den "Geholfenen" auf Zahlung von "Entgelt" vor dem Arbeitsgericht verklagen.

     

    Muss hier an dem Geisteszustand des Anwaltes gezweifelt werden oder ist dem Anwalt lediglich der bisherige "Erfolg" in dieser Familie zu Kopf gestiegen, dass er solcherlei sittenwidrige und kindeswohlgefährdende Forderungen stellt?

     

    In 2010 hatte er bereits mit der Kriminalisierung des Jungen (sexueller Übergriff auf eine seiner Schwestern) den Umgang der Mädchen mit ihrem Bruder und ihrem Vater aussetzen wollen. Faktisch hatte er eine Reduzierung auf acht Stunden alle 14 Tage OHNE Übernachtung erreicht.

     

    Das ist Familienzerstörung!