: Ausstellung über die Zerstörung bremischer Baukultur
■ Bilder vom Armen Haus
Vielleicht müssen Ausstellungen einfach so oder so ähnlich heißen, diese hier also: Das Bremer Haus im Spiegel der Zeit. Hoffentlich läßt sich niemand abschrecken: im Unteren Rathaussaal eröffnet heute die staunenswerte, auch gruselige Dokumentation eines kollektiven Vergehens. Zahlreiche Vorher-und Nachher-Fotos berichten von der Generalbereinigung des Bremer Hauses nach dem letzten Krieg.
Seit gut hundertfünfzig Jahren beherbergt es, das klassische Bremer Haus, Bremer und Bremerin auf vernünftige Weise und ist zugleich eine Possierlichkeit ersten Ranges. Vorgärtchen, Windfangtür, Wintergarten dienen zu Zier und Nutzen, „traufenständig“ hockt es, Traufe und First laufen mit der Straße, von querspringenden „Zwerchgiebeln“ durchbrochen. Dreiachsige Fassaden, wohlproportioniert, Fenster mit T-Teilung, allerlei Schmuck- und Stuckwerk - es gibt Fälle, da ist nichts von alledem übrig: Glubschaugenfenster glotzen aus planierten Wandfronten, und überall frißt der Glasbaustein Rechtecks -Löcher aus. Manchmal sind drei Blicke nötig, doch jedes Foto beweist: Es handelt sich je ums selbe Haus. Drei Viertel der Bremer Häuser aus der Vorkriegszeit hat derartiger Modernismus gesäubert, jedes dritte ist neu verblendet, das meiste Fassadengrün entfernt, gut die Hälfte der Vorgärten sind versiegelt.
Nun ist Wiedergutmachung geboten - und ohne großen Aufwand möglich, sagen die MacherInnen der Ausstellung:Das Projekt Wohnumwelt Bremen der Planungswerkstatt e.V. und das Projekt Bauwerkserhaltung des DGB-Berufsfortbildungswerks (bfw). Letzteres trimmt seit Jahren Handwerksleute auf den gediegenen „Rückbau“ alter Sünden, ein mühseliges Amt, denn verschollene Techniken des Stukkatierens oder etwa der Tischlerei müssen oft erst rekonstruiert werden. Im Rathaussaal ist allerhand zu sehen aus den Werkstätten des bfw, alte Zaunkonstrukte, Stuckmodelle, auch eine komplette Fassade mit Vorgarten. Manfred Dworscha
Die Ausstellung ist zu sehen bis 5. März.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen