Außer Rand und Band: Hessische Polizeiaffäre eskaliert
Die Opposition reibt sich die Hände: Das langerahnte "Schreckensregime" innerhalb der hessischen Polizeiführung kommt ans Licht. Aber noch hält "der Apparat" zusammen.
Kaum ein Tag vergehe, an dem nicht neue Vorwürfe über den unerträglichen Stil bei der hessischen Polizeiführung in die Öffentlichkeit gelangten, echauffiert sich der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Linken im Hessischen Landtag, Hermann Schaus und spricht von "Mobbing, schwarzen Akten, böswilligen Strafversetzungen, uneidlichen Falschaussagen, Verfolgung Unschuldiger, Aktenmanipulationen, Führungsversagen, Willkürregime".
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nancy Faeser, spricht von einem "unhaltbaren Zustand" und mutmaßt, dass die "Affäre Thurau" (Präsidentin des Landeskriminalamtes, die Red.) wohl nur die Spitze eines Eisberges sei, und dass es – wie von der Linken schon länger behauptet – vielleicht tatsächlich so etwas wie ein "System Bouffier" gegeben haben könne.
Fakt ist, dass sich die aberwitzigen Vorgänge bei der hessischen Polizei, die vorletzte Woche zur Ablösung des Landespolizeipräsidenten Norbert Nedela durch den amtierenden hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) und dann zur Versetzung der Präsidentin des hessischen Landeskriminalamtes (LKA), Sabine Thurau, in das Innenministerium führten, zu Zeiten von Innenministers Volker Bouffier (CDU) abspielten. Die Union regierte seinerzeit das Land mit Roland Koch (CDU) als Ministerpräsident an der Spitze alleine.
In den Jahren 2004 bis 2009 habe die Union die hessische Polizei nach streng hierarchischen Gesichtspunkten umstrukturiert und fast alle Führungspositionen oft gegen den Widerstand der Personalräte neu besetzt, berichten jetzt Landtagsabgeordnete der Oppositionsparteien SPD, Linke und Grüne übereinstimmend. Das habe allenthalben zu Irritationen, Eifersüchteleien und Streitereien geführt. Gerade Thurau, so ein Insider, habe in ihrer Zeit als Kripochefin in Frankfurt ein "Schreckensregime" errichtet.
Der damalige Innenminister Bouffier jedenfalls, der heute Regierungschef der CDU/FDP-Koalition in Hessen ist, habe noch Anfang diesen Jahres alle diesbezüglichen Vorwürfe zurückgewiesen und von "haltlosen Unterstellungen" und einer "versuchten Diskreditierung der hessischen Polizei" gesprochen, erinnert sich Schaus (Linke).
"Wenn nun nicht nur alte Vorwürfe erneut auftauchen, sondern neue gravierende hinzukommen, und der neue Innenminister Rhein den Vorschlag der Linken zur Bestellung eines unabhängigen Ombudsmannes aufgreifen sollte, muss Bouffier endlich zu seinem politischen Erbe und zu den von ihm verursachten Skandale und Fehlentscheidungen Stellung nehmen", hoffte der Linke. Die Einsetzung eines Sonderermittlers zur Aufklärung der diversen – undurchsichtigen – Affären bei der hessischen Polizei fordern auch die Grünen im Hessischen Landtag. Die ganze Sache stinke zum Himmel, meinte ihr innenpolitischer Sprecher Jürgen Frömmrich.
Aus dem von Jörg-Uwe Hahn geführten Justizministerium war allerdings schon zu hören, dass es keinen unabhängigen Untersuchungsbeauftragten geben werde, weil die Durchführung entsprechender Ermittlungen ausschließlich Sache der Staatsanwaltschaft sei. Die versetzte LKA-Präsidentin Thurau stand am Dienstag wegen des Vorwurfs der "uneidlichen Falschaussage" und der "Verfolgung Unschuldiger" vor Gericht. Zudem wurde an diesem Mittwoch die Nachricht lanciert, dass Thurau versucht habe, Einfluss auf die Ermittlungen gegen den suspendierten hessischen Polizeibeamten zu nehmen, der Thurau wegen "falscher Beschuldigungen" verklagt hatte.
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