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Auslieferung Wikileaks-GründerAssange scheitert endgültig

Der Oberste Gerichtshof in London will Julian Assanges Fall nicht noch einmal aufnehmen. Der Streit um die Zukunft des Wikileaks-Gründers scheint zu Ende zu gehen.

Unterstützer forderten im Mai, die Auslieferung von Assange auszusetzen. Bild: dpa

LONDON dapd/afp | Die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange nach Schweden rückt näher. Der Oberste Gerichtshof in Großbritannien lehnte am Donnerstag eine Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens ab.

Die Staatsanwaltschaft Göteborg will den 40-jährigen Australier zu den Vorwürfen der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung befragen, die zwei Frauen gegen ihn erhoben haben. Eine der beiden hat ausgesagt, Assange habe im August 2010 gegen ihren Willen ohne Kondom mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt, die andere wirft Assange vor, sie im Schlaf vergewaltigt zu haben.

Assange hatte sich im Dezember 2010 in London der Polizei gestellt, nachdem Schweden einen europäischen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Seitdem läuft der Prozess über eine Auslieferung. Das Gericht hatte bereits Ende Mai eine Überstellung nach Schweden für rechtens erklärt. Nach dieser Entscheidung räumte es ihm auf Antrag seiner Verteidigerin Dinah Rose allerdings eine Frist von zwei Wochen ein, um die Neuaufnahme des Verfahrens zu beantragen.

Rose hatte argumentiert, dass sich die Richter in ihrer Urteilsbegründung mehrmals auf ein Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961 beriefen, auf das sich weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung vorbereitet hatten. Diese Argumentation wurde nun abgelehnt.

Damit scheint das lange juristische Ringen um Assanges Zukunft tatsöchlich zu Ende zu gehen. Assanges Verteidigung kann nur noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. Die Straßburger Richter haben die Möglichkeit, eine Auslieferung vorläufig zu stoppen. Rechtsexperten halten das aber für wenig wahrscheinlich.

Der 40-jährige Australier weist die Vorwürfe wegen sexueller Vergewaltigung nach wie vor zurück und bezeichnet sie als politisch motiviert. Er fürchtet, letztlich an die USA ausgeliefert zu werden, wo er wegen der Veröffentlichung tausender geheimer US-Depeschen, unter anderem zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan, den Zorn der Regierung auf sich gezogen hat.

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6 Kommentare

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  • C
    CARLO

    Sehr, sehr bedauerlich...

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendein Land gibt, welches es wagt, sich gegen das offenbar alles beherrschende US-amerikanische „System“ zu stellen, zumal wenn es „nur“ um einen einzigen Menschen geht. Ich glaube, gegen Amerika die Stimme zu erheben, bedeutet in der Konsequenz auf jeden Fall ein Aus. Wir müssen nur an Herrn Strauss-Kahn denken, dessen Verhalten, so unrühmlich es war, ganz bestimmt nicht solche Folgen gehabt hätte, wenn nicht erhebliche wirtschaftliche Interessen (wenn es auch auf den „Justizapparat“ beschränkt blieb) im Spiel gewesen wären. Oder denken wir an den armen GI, der furchtbare Übergriffe des Militärs öffentlich machte und damit zu einem Feind dieser Gesellschaft stilisiert wurde. Oder der Umweltaktivist, der es wagte, Giganten anzuprangern. Und gar nicht dran zu denken, wie viele Tausende, in den Gefängnissen schmoren, weil ein Justizsystem heute noch agiert, wie vor hunderten von Jahren. Alte Hardliner, die keine Macht der Welt zur Einsicht bringt und wenn das ganze Land mit Slums überzogen ist. Ich habe mich während meines Politikstudiums vor X-Jahren mit der Situation der Schwarzen, der größten Minderheit in den USA, beschäftigt und wie ich sehe, hat sich dieses ungerechte Ungleichgewicht von damals nicht entspannt, sondern verschlechtert. Allerdings nicht durch Obama, höchstens „trotz“ Obama – und das zeigt ja wohl, wer die Politik bestimmt. Allerdings wirken diese Kräfte leider nicht nur in den USA. Für mich steht jedenfalls seit langem fest, dass ich in dieses Land nicht zu reisen wage. Schade, denn es gibt dort sehr viele interessante und liebenswürdige Menschen.

  • V
    viccy

    Wenn man für herrschende Inter€ssen zu gefährlich wird, sollte man wohl nach Möglichkeit nie mit einer Frau alleine in einem Raum sein. Wie man eine glaubhafte Aussage hinbekommt, die einen Anfangsverdacht begründet, lässt sich in diverser juristischer Literatur recht einfach anlesen.

     

    Eine bittere Lehre, bei der auch jeder Feministin der Mageninhalt nach oben kommen dürfte.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Die rechte "security" hat schon den IWF Chef DSK "widerrechtlich" abgeschossen. Von einer "Unabghängigkeit" der Judikativen kann kaum die Rede sein. Die Wahl "sexuell" bei dem "aus der Luft greifen" vonn "Vorwürfen" mag auch durch den Berlusconii Rücktrrit wegen "sexueller" Dinge - racheartig - bestimmt sein. Sexskandale müssen, inauguriet durch Clinton-Levinsky mit Folge: 8 Jahre Bush - traumatisierend für die Linke bleiben. An der "passenden" Legende "Berlusconi" ist linker als das, was nach ihm kam, ist auch schon "gehäkelt" worden.

     

    Unbedingt sollte Assange den europäischen Gerichtshof "bemühen". Es handeltr sich ja auch um einen echten "Augiasstall".

  • BG
    Bernd Goldammer

    Das Verfahren in Schweden gehört nun zur öffentlichen Abschreckungsphase. Merke: Wer der Öffentlichkeit Fakten unterbreitet, mit denen die "veröffentlichte" Meinung bloßgestellt wird, dem werden schwedische CIA- Nutten auf den Hals gehetzt. Nicht das Prostituierte unglaubwürdig sind, aber wenn sie für die CIA oder einen anderen US-Geheimdienst arbeiten sie moralisch auf der untersten Stufe angekommen. Jetzt wird irgendein verborgener Vertrag zwischen Schweden und dem Folterstaat USA zur Abschiebung in die USA. Vielleicht geschieht Julian Assanges bereits in Schwedischer Haft etwas? Im Verbrecherstaat USA wartet das endgültige Grauen auf ihn. Botschaft: Mit Rechtsbeugung kriegen Euch alle! Julian Assange wird nun bald erfahren, dass er bereits bei Wikileaks von bärtigen V-Leuten ausländischer Geheimdienste umgeben war.

  • F
    fgfe

    "[...]Vorwürfe wegen sexueller Vergewaltigung[...]"

     

    Im Gegensatz zu den Vorwürfen der asexuellen Vergewaltigung?

  • I
    Irre

    Das sieht alles nach einem üblen, abgekarteten Spiel aus gegen einen der mutigsten (bekannten) Menschen unserer Zeit, einen Menschen, der eine Fülle von Verbrechen zweifelsfrei ans Licht gebracht hat.

     

    Verfolgt die Kriegsverbrecher im Weißen Haus und dem Pentagon - erschießt nicht den Boten!

     

    Julian kann man nur viel Glück wünschen - vielleicht nehmen sich die Straßburger Richter seiner Menschenrechte an.

     

    PS: Auch schon an den Defense Fund gespendet? http://justice4assange.com/Donate.html