piwik no script img

Auskunft zu Guantanamo verlangtKongress watscht Obama ab

Das US-Repräsentantenhaus verabschiedet den Nachtragshaushalt für das Militär, kritisiert aber die Guantanamo-Politik des Präsidenten.

Soldaten stehen am Eingang des "Camp Justice", des hochgesicherten Gerichtsgebäudes in Guantanamo. Dort sollen wieder Militärtribunale stattfinden. Bild: dpa

WASHINGTON taz | Das US-Repräsentantenhaus hat am Donnerstagabend zwar weitere Gelder in Höhe von 97 Milliarden Dollar - rund 70 Milliarden Euro - für die Kriege im Irak und in Afghanistan bewilligt, aber die 80 Millionen Dollar für die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo verweigert. Zuerst soll Präsident Barack Obama einen detaillierten Plan vorlegen.

Obama hatte am dritten Tag nach seiner Amtsübernahme angeordnet, dass das Gefangenenlager am 22. Januar 2010 geschlossen werden soll. Nun muss er einen umfassenden schriftlichen Bericht über jeden einzelnen der 241 Gefangenen vorlegen und erklären, was mit ihnen danach geschehen soll.

Obama kündigte gestern an, dass Militärtribunale gegen rund 20 Gefangene in etwa vier Monaten wieder aufgenommen werden sollen. In fünf Fällen geht es um den Vorwurf der Beihilfe zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Obamas erste Amtshandlung war die Aussetzung dieser Tribunale. Die neuen Tribunale sollen den Angeklagten etwas mehr Rechte als bisher zugestehen. Zeugenaussagen, die durch Folter erzwungen wurden, dürfen nicht verwendet werden.

Der Nachtrag des Rüstungshaushalts wurde Obama dagegen genehmigt. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte zur Eile gemahnt, weil die Finanzierung der Militäreinsätze andernfalls ab Juli gefährdet wäre. 368 Abgeordnete stimmten dafür, 60 dagegen - darunter 51 Demokraten. Sie werfen Präsident Barack Obama das Gleiche vor wie seinem Vorgänger George Bush: Er eskaliere den Krieg, ohne eine Ausstiegsstrategie parat zu haben. Sie vergleichen in diesem Zusammenhang Obamas Truppenverstärkung in Afghanistan um 21.000 Soldaten mit Bushs Bemühungen im Irak.

"Als Bush Präsident war, habe ich in diesem Haus gesagt, dass wir eine Ausstiegsstrategie benötigen", sagte Jim McGovern von den Demokraten. "Dasselbe gilt für Afghanistan. Ich habe die Nase voll von Kriegen ohne Fristen, ohne Ausstieg und ohne Ende." Die Führung der Demokraten im Repräsentantenhaus verhinderte jedoch einen Antrag von McGovern und anderen Kriegsgegnern, der Obama gezwungen hätte, dem Kongress eine genaue Ausstiegsstrategie bis Jahresende vorzulegen. Im Senat dürfte der Haushalt nächste Woche abgesegnet werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • TD
    Tyler Durden

    Wie nahezu alle Medienberichte überiseht auch dieser, wahrscheinlich vorsätzlich(!), das Grundproblem. Wir Europäer gehen nach wie vor von der völlig unangebrachten Vorstellung aus, dass es einen amerikanischen Präsidenten geben KANN, der tatsächlich „Change“ sei.

    Wenn man einfach nur seinen Taten folgt, z.B. die Ernennung Geithners und Summers zur Lösung der Finanzkrise, dann hofft man, man missverstehe da etwas, er könne doch ganz unmöglich die Leute welche die Krise verursacht haben mit deren Lösung beauftragt haben. Man muss nur bei eigenen Überlegungen die Idee des „Change“ einfach mal hintanstellen, schon erkennt man das „genauso weiter wie bisher“.

     

    Bei der Guantanmo/Folter Frage ist es genauso. Es geht hier darum, dass amerikanische Verbrecher schützenswerter sind, als nicht-amerikanische Unschuldige. Dies ist die Grundlage aller amerikabischen Politik, ja, aller amerikanischen „Zivilisation“. Wenn man das Wort einmal mehr missbrauchen will...

    Beim Anblick Obamas bleibt für intellegentere Zeitgenossen nur eine zynische, und leider auch traurige Einsicht: Man kann ein wenig Gerechtigkeit darin erblicken, dass die USA sich in Afghanistan in ein weiteres Vietnam verstricken und die Folgen ihrer Unbelehrbarkeit ertragen werden müssen. Dass dabei nach wie vor unzählige tatsächlich Unschuldige Pakistanis und Afghanis krepieren müssen, lässt sich in einer Welt mit amerikanischer Vorherrschaft nun mal nicht verhindern.

    Als Journalist sollte man vielleicht mal der Parallele nachgehen, zwischen den damals verkündeten Zahlen der getöteten Vietkong, und den Zahlen der heute getöteten Taliban.....

     

    MfG, Tyler Durden

  • U
    Usama

    "Habe langsam auch die Nase voll"