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Ausgehen und rumstehen von Jan JekalWenig Sympathien für sich ausprobierende Jungmänner

Ich treffe mich mit einer Freundin in einem hawaiianisch-kalifornisch-polynesisch-japanischen Schnellrestaurant in Mitte, wo sie „frisches Seafood“, „wertvolle Greens“ und „exotische Flavours“ verkaufen und alles, was auf der Karte steht, „gerade nicht da“ haben. Auf dem Trinkgeldglas steht „Mahalo“. Die „Bowls“, die wir uns mit in den Monbijoupark nehmen, schmecken sehr gut.

Hundehalter lassen ihre Hunde Bälle jagen, wir essen unsere Bowls und schauen den Hunden zu und feuern den, im wahrsten Sinne des Wortes, Underdog an, einen kleinen Dackel, der den anderen, im wahrsten Sinne des Wortes, hinterherdackelt. Die Freundin erzählt von einem Schotten, den sie ein paar Mal getroffen hat – sie nennt ihn „den Schotten“ – und den sie nun nicht mehr treffen wird, weil er zu dem letzten Treffen angetrunken erschienen war und sie mehrfach gefragt habe, ob sie „mal etwas Ekliges anfassen“ wolle, was sie dann mehrfach verneint habe. „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass wir uns noch gar nicht geküsst haben?“, habe er sie am Ende des Treffens gefragt, und sie habe bejaht und sich weggedreht. Später habe der Schotte über Berlin geschimpft und erklärt, dass Schottland viel besser sei und er bald zurückgehen würde. Dann sei er wütend auf seinem E-Scooter davongefahren.

Nächster Tag, Prenzlauer Berg. Im Kollwitzkiez stehen Bücherbäume, neun ausgehöhlte Baumstämme mit Brettern darin, ein öffentliches Bücherregal, aus dem sich jeder ein Buch nehmen oder eines hineinstellen kann. Meine Frau und ich haben gerade ein paar alte Bücher an eine Buchhandlung in der Nähe verkauft, und die Bücher, die die Buchhandlung in der Nähe nicht kaufen wollte, stellen wir in den Bücherbaum. Ein Buch über Hexenverfolgung in Neu-England, und eines darüber, wie Churchill Premierminister wurde. Ungelesen, selbstverständlich. Danach zum Inder.

Der blondierte Wiener am Nebentisch bestellt einen Mango Lassi, und er betont „Mango“, als ob er noch eine ganze Menge anderer Lassis kenne, die er bestellen könnte, und vielleicht gibt es diese anderen Lassis ja auch, und seine Art, „Mango“ zu betonen, ist völlig legitim, sinnvoll sogar, und ich bin einfach nur neidisch auf seinen Dialekt. Möglich. Sie können sagen, was sie wollen, diese Wiener mit diesem Wiener Dialekt, und das tun sie dann ja auch, und es klingt alles lässig und schelmisch und klug.

Am Nebentisch unterhalten diese Wiener sich über Kartoffelchips, und es ist die beste Unterhaltung, die ich je gehört habe. An unserem Tisch unterhalten wir uns über „Mean Streets“, den frühen Film von Martin Scorsese, den wir neulich gesehen haben, auch eine gute Unterhaltung. „Junger Mann macht einen Film“, fasst meine Frau ihre Haltung dem Film gegenüber zusammen. Die ganzen sich schlecht benehmenden Männer, die Rockmusik, die wenigen und dann häufig unbekleideten Frauen. „Sehr begabter junger Mann macht sehr interessanten Film“, sage ich trotzdem. Sie sagt, dass sie für sich ausprobierende junge Männer wenig Sympathien habe, und da sage ich nichts mehr.

Das Essen ist toll, bunte Köstlichkeiten in Metallschälchen, wir sind ganz die Deutschen, sagen „Vorsicht: scharf“, wenn jemand einen bunten Metallschälcheninhalt noch nicht probiert hat. Das ist das beste Essen, denke ich, wenn es viel Verschiedenes gibt, das man hemmungslos mischen und durcheinander essen kann.

Danach ein Spaziergang. Die Bücher, die wir vorhin in die ausgehöhlten Baumstämme gestellt haben, wurden alle schon herausgenommen. An eine Ladenfront hat jemand einen Zettel geklebt: „Leider bleibt dieser Laden für immer geschlossen.“

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