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Ausgehen und rumstehen von Fabian SchroerDie schönsten Nächte sind immer die nicht geplanten

Das Berliner Nachtleben kann vieles sein. Laut, bunt, überbordend, magisch, unerbittlich, manchmal anstrengend. Doch eines war es zumindest lange nicht – planbar. Die Fälle, in denen die Nacht tatsächlich so verlief wie gedacht, waren doch sonst eher selten. Das hat sich seit dem zaghaften Reboot der Clubkultur scheinbar geändert.

In der Schlange vor einem großen Friedrichshainer Club ist am vergangenen Freitag alles anders als sonst. Vor mir bewegen sich knapp zehn Leute langsam auf die zwei gelangweilten Türsteher zu. Es geht stetig voran, wie an der Supermarktkasse. Ein paar Freun­d:in­nen und ich stehen in recht großer Gruppe gemeinsam an. Es ist 17 Uhr, helllichter Tag, etwa neun Stunden früher als damals, als ich vor über zwei Jahren das letzte Mal hier war.

Beim Anstehen merke ich, dass eines vollkommen fehlt: die leichte Anspannung. Diesmal brauche ich mir keinerlei Gedanken zu machen, aus irgendeinem Grund nicht reinzukommen– ich hatte mir nämlich drei Tage vorher online ein Ticket gekauft.

Im Club ist es dann tatsächlich laut und bunt. Mehrere Floors mit Techno und House. Gruppen aus leicht bekleideten und kreativ verkleideten Menschen tummeln sich auf den Tanzflächen. Eigentlich ist alles wie früher. Es ist leerer, aber die Stimmung ist ausgelassen. Die Leute sind sympathisch und glücklich. Ich bin völlig euphorisiert. Endlich wieder feiern!

Nach gut acht Stunden tanzen merke ich, dass ich ziemlich fertig bin. Es ist gerade mal halb zwei. Als wir uns entschließen zu gehen, hat ein Kumpel seine Garderobenmarke verloren. Der desinteressierte Garderobenmann deutet auf eine große Tafel. Ganz trocken und förmlich steht da geschrieben: „Verlorene Marke: 8 Euro“. Er lässt nicht mit sich reden.

Hier hat sich also nichts geändert. Das Berliner Nachtleben ist neben vielen anderen Dingen immer noch eines: echt teuer. Nach zwei Jahren Späti-Bier und Bluetooth-Box auf dem Tempelhofer Feld hatte ich das wohl etwas vergessen. Natürlich kann ich verstehen, dass die Clubs ihre Pandemieverluste wieder reinholen müssen. Fakt ist jedoch: Ein kleines Bier für vier Euro, einen Cocktail für so viel, dass man nicht mal darüber nachdenken will, und ein weiteres Mal Eintritt, um, nachdem die Party um 22 Uhr im Außenbereich endet, drinnen weitertanzen zu dürfen – das können sich viele schlichtweg nicht leisten.

Am nächsten Abend sitze ich mit meiner Freundin und meinem Mitbewohner noch leicht gerädert vor einem Neuköllner Restaurant, trinke billigen Rotwein aus Halbliter-Karaffen und esse gute günstige Pasta. Wir reden über die vergangene Nacht. Schön war es schon. Es fühlt sich an wie ein weiteres Stück zurückerlangte Normalität. In der gegenüberliegenden Kneipe beginnt eine Band zu spielen. Bluesigen Jazz und Soul. Gitarre, Drums und elektrischer Bass, Fender-­Rhodes-­Sounds aus dem E-Piano.

Nach gut acht Stunden tanzen merke ich, dass ich ziemlich fertig bin

Nachdem wir zu Ende gegessen haben, hat die Combo gerade ihr zweites Set begonnen. Wir überqueren die Straße, betreten die Kneipe, um die Musik zu hören. Wir setzen uns und bleiben dort. Ein Ticket, vorherige Anmeldung oder Eintrittsgeld brauchen wir nicht. Als die Band fertig gespielt hat, geht ein Mann durch die Tische und fragt nach Spenden für die Musiker. „Ist alles freiwillig“, sagt er freundlich, „Ihr müsst nichts geben.“ Alle, die ich sehe, geben trotzdem etwas.

Die schönsten Nächte sind noch immer die, an denen nichts so funktioniert wie geplant. Oder auch die, an denen erst gar nichts geplant wird. Es sind die kleinen Clubs, Konzerte und Kuriositäten, die man spontan irgendwo entdeckt, während man auf dem Weg zu etwas anderem ist. Diese machen das Rausgehen so spannend und einzigartig. Und meistens sind sie dann auch besser für den Geldbeutel.

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