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Ausgehen und rumstehen von Detlef KuhlbrodtAlle sieben Folgen der zweiten Staffel mit viel Gewinn gesehen

Vielleicht, weil ich gerade von dem Anschlag gelesen hatte, bei dem ein Mann ein Anima­tionsfilmstudio im japanischen Kioto angezündet hatte und 33 Menschen starben, war ich auf „Spaced“ gekommen, eine englische Fernsehserie von 2001, glaube ich, die ich vor 15 Jahren oder so mit den anderen geguckt und sehr gemocht hatte. Es geht um zwei junge Slacker, Ende zwanzig, auf Wohnungssuche in London. Tim ist Comic­zeichner und wurde gerade von seiner Freundin verlassen; Daisy möchte Schriftstellerin werden, leidet aber unter Schreibhemmungen. Sie ziehen also bei Marcia ein, einer alleinstehenden Frau um die fünfzig, die gerne trinkt und sich für das Leben interessiert. Brian, ein junger transgres­sions­interessierter Künstler, Tims bester Freund Mike, ein Waffennarr, Daisys beste Freundin, die sich nur für Mode und Shoppen interessiert, Tyres, der Fahrradbote, als Raver und andere interessante Charaktere spielen auch eine Rolle.

Ich bin jedenfalls ganz beglückt, dass die beiden Staffeln der Serie auf YouTube herum tehen und suche eine Weile nach dieser emblematischen Szene, wo die alten Jungen im Treppenhaus auf die sphärischen jungen Jungen treffen, die oben im Haus eine Technoparty feiern. Ich finde diese Szene ziemlich schnell und werde sie irgendwann mal zitieren, sollte ich mal über einen Film schreiben müssen, zu dem das passt. Ich bin jetzt nicht mehr sicher, tatsächlich alle Folgen geguckt zu haben, und gucke die ganze zweite Staffel, sieben Folgen, mit viel Gewinn, wie man so sagt. Vermutlich war ich damals, als wir die Serie mal nachts geguckt hatten, schon zu dicht und hatte dann das meiste vergessen – erschreckend. Schade eigentlich, dass ich nicht in einer WG wohne.

Im nächsten Leben wird alles besser. Zum Glück ist es schon Abend; Zeit, ins Bett zu gehen. Mit verschiedenen impulsneurotischen Recherchen im Internet bei Schokocroissant und Kaffee geht der halbe Samstag vorbei. Ich gucke ein paar neuere Auftritte von Marc Almond, der Anfang Juli 63 wurde und mittlerweile etwas pummelig wirkt. Ein Open-Air-Auftritt wirkt stimmlich etwas dünn; im Theater geht’s dann wieder besser. Ende des Sommers wird er in Spandau auftreten. Ich freu mich schon drauf.

Da es nun schon Nachmittag ist, gehe ich M. besuchen, wie jeden Samstag. Ich gehe auf der linken Seite der Skalitzer. Vom Prinzenbad her gibt es wummernde Bässe. Auf Netto ist alles normal. Ich nehme Milch, Bier, Milchreis, zwei unterschiedliche Aufschnittsorten und drehe an der Kasse noch einmal um und hole Salzgebäck, weil M. seit ­Wochen davon spricht, wie gerne er doch Salzstangen essen würde. Ein verpeilter Typ, so Ende vierzig, mit langen fettigen Haaren, sagt irgendwas verpeilt Ausgedachtes zur Kassiererin. Später seh ich ihn wieder im Fahrstuhl, er grinst, ein altes vio­lettes Unterhemd betont seine Magerkeit. Schönen Tag noch.

Später redet M die meiste Zeit. Schade, dass die Fußballbundesliga Sommerpause hat. Vorhin hat er irgendein Drittligaspiel gesehen. Dann berichtet er ausführlich von diesem Franz-Josef-Degenhardt-Konzert, auf dem er vor fünfzig Jahren gewesen war. Und dass er ein bisschen enttäuscht gewesen war, weil Degenhardts Stimme nicht so scharf geklungen hatte wie auf der Single-Fassung von „Vatis Argumente“, die im Saarland ein Hit auch im Radio gewesen war.

Zuhause höre ich mir „Vatis Argumente“ auf YouTube an – interessant, interessant – und verpasse fast das extreme Kurzgewitter Samstagnacht; noch halb im Traum nehm ich schnell die Wäsche von der Leine, registriere den fehlenden Blumen­kasten. Und schließe die Balkontür.

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