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Ausgehen und rumstehen von Andreas HartmannWir hatten uns vom Mercedes Benz Platz dann doch etwas mehr erwartet

Mal dort ausgehen und rumstehen, wo es richtig wehtut: Am Mercedes Platz in Friedrichshain. Immerhin soll das hier ja mal, laut Berliner Morgenpost, Berlins neue Partymeile werden. Oder vielleicht sogar schon sein, die große Eröffnung des Areals fand ja bereits vor ein paar Tagen statt.

Bis vor Kurzem war es hier, grob gesagt zwischen East-Side-Gallery und Berghain, ziemlich tot. Bürohochhäuser und die Mercedes-Benz-Arena, in der Helene Fischer auftritt, mehr war hier nicht. Jetzt jedoch wird, inmitten dieser aseptischen Umgebung, mit „Entertainment“-Angeboten gelockt und die will man sich dann doch einmal näher anschauen.

Es ist also Samstagabend und die Party könnte langsam mal steigen, aber auf dem Mercedes Platz ist ziemlich tote Hose. Gesäumt wird er von zig Restaurants, die im Prinzip alle das Gleiche anbieten: irgendetwas, das mit der hohen oder weniger hohen Kunst der Fleischzubereitung zu tun hat. Spareribs und natürlich Burger. Überall ist es gähnend leer, außer in einem Eckladen, der aussieht wie ein McDonald’s und auch dasselbe Zeug vom Fleischbratling bis hin zum Milkshake anbietet. Nur sind die Burger zwei- bis dreimal so teuer wie im klassischen Schnellrestaurant und die Kartoffeln für die Pommes kommen aus der englischen Grafschaft Suffolk, wie man erfährt. Foodie-Schnickschnack trifft hier also auf Fastfood-Kultur, und das scheint wirklich gut anzukommen – der Laden ist brechend voll.

Es fühlt sich reichlich seltsam an auf dem Mercedes Platz. Man befindet sich mitten in Friedrichshain, aber man merkt es gar nicht. Ein paar Meter entfernt von der Oberbaumbrücke mit ihren Straßenmusikern und ihrem Pissegestank befindet sich nun eine Welt für sich, ein Stück Berlin, das mit dieser Stadt rein gar nichts gemein zu haben scheint. Auf zig Videoleinwänden läuft Werbung in Dauerschlaufe, und wenn man von der Spree ab über den Platz geht, blickt man direkt auf die Mercedes-Benz-Arena, die aus dieser Perspektive noch mehr als sonst so aussieht wie ein Ufo, das auf dem falschen Planeten gelandet ist.

Nirgends Graffiti, kein Schmutz, kein Müll, dafür zig Security-Leute, die unmotiviert durch die Gegend streifen und wohl dafür sorgen sollen, dass das auch so bleibt.

Ein paar Rooftop-Bars soll es hier außerdem geben. Allein: Wir finden keine von ihnen. Vielleicht haben sie auch noch gar nicht geöffnet und diese Bereicherung für das Nachtleben am Mercedes Platz muss noch ein wenig auf sich warten lassen. Auch das neue Multiplex-Kino am Platz hat noch nicht geöffnet. Die Bowling-Bahn dagegen schon. Phil „The Power“ Taylor wird hier demnächst auftreten, ist dort zu lesen. Der Mann ist ein Champion im Dart, das gibt es hier dann ja wohl auch.

Es ist zudem schon ganz gut Betrieb hier, bloß: Bowlen als Ausgehvergnügen und danach vielleicht noch einen überteuerten Burger – ein wenig mehr hatten wir uns vom Mercedes Benz Platz dann doch erwartet. Aber zum Glück ist es zum Berghain oder zumindest in ein Friedrichshain, das man auch als solches erkennt, ja nicht weit.

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