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Ausgaben für Hartz-IV-Aufstocker steigenNiedriglöhne belasten Steuerzahler

50 Milliarden Euro wurden seit Einführung von Hartz IV für das Aufstocken von Dumpinggehältern ausgegeben. Linke und Grüne fordern daher einen Mindestlohn, die FDP lehnt dies ab.

Trotz eines festen Jobs sind viele Arbeitnehmer auf den Gang zum Arbeitsamt angewiesen. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN dpa | Seit der Einführung von Hartz IV haben die Steuerzahler nach Informationen der Frankfurter Rundschau weit mehr als 50 Milliarden Euro ausgegeben, um Niedriglöhne aufzustocken. Die Ausgaben seien von acht Milliarden Euro 2005 auf elf Milliarden Euro 2009 gestiegen. Dies geht aus Zahlen des Bundesarbeitsministeriums hervor, berichtet das Blatt am Donnerstag. Im Hartz-IV-System diene fast jeder dritte Euro dazu, niedrige Löhne aufzustocken, weil diese allein den Lebensunterhalt nicht sicherten.

"Die Bundesregierung blockiert seit Jahren den gesetzlichen Mindestlohn und verschwendet das Geld der Steuerzahler", sagte Linkspartei-Chef Klaus Ernst der Zeitung zufolge. Wenn niemand weniger als zehn Euro pro Stunde verdienen würde, könnte ein Gutteil der "Subventionierung des Niedriglohnsektors" eingespart werden.

Für den Grünen-Sozialexperten Markus Kurth ist laut Frankfurter Rundschau der Mindestlohn ein "erster Schritt, um dieses Problem einzudämmen". Dagegen argumentierte Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, ein gesetzlicher Mindestlohn würde Arbeitsplätze kosten.

Ein Sprecher des Arbeitsministerium wies darauf hin, dass zur Gruppe der sogenannten Aufstocker nicht nur Mini-Jobber und Beschäftigte mit Niedriglöhnen zählten. Die Höhe des Stundenlohnes sei allein nicht entscheidend, um zusätzliche Hilfen des Staates zu erhalten. So könne jemand auch bei einem Stundenlohn von etwa 12 Euro Aufstockung verlangen, wenn etwa die Stundenzahl insgesamt zu niedrig sei. Auch komme es darauf an, wie viele Personen von dem jeweiligen Einkommen leben müssten.

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10 Kommentare

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  • D
    David

    .."Aber auch ein staatlich festgesetzter Mindestlohn stellt keine 100%ige Lösung dar, weil das natürlich zu lasten der Unternehmensgewinne geht."

     

    Wie kann ein gesetzlicher Mindestlohn zu lasten der Unternehmensgewinne gehen, wenn ArbeiterInnen mehr Geld verdienen und dieses ausgeben?

  • PF
    Peter Fackelmann

    Haben das die Steuer-Exorziten von der FDP noch nicht gemerkt?

    Oder juckt das nicht, wenn man ausreichend Gelegenheit zur Steueroptimierung hat?

  • JK
    Juergen K

    Wichtig ist doch nur, dass

    Unternehmen und Kapital eine Gewinnrendite von 35% haben.

     

    Gut, Ackermann sieht dagegen wie ein Weiser aus, mit seinen 25%.

     

    Aber so ist es halt nach den Daten des Statistischen Bundesamtes.

     

    Und noch wichtiger scheint, dass das scheue Reh sich in den Wäldern der schweizer Wälder entspannt,

    vor der Jagd nach ihm.

     

    Vor der Jagd nach ihm entspannt sich weder der geschasste Arbeiter im Überlebenssegment, noch die Dekadenz des Überflüssigseins in der Hart-Hatz.

     

    Das scheue Reh hat sich verpisst.

    Es besteht keine Angst mehr,

    dass es sich verpissen könnte.

     

    Und falls es doch hier ist, so schläft es billig.

     

    Fragt sich dann, woher die 50 Mrd kommen.

    Die nach Abschreibungen abgeführten Steuern können es nicht sein.

     

    Es sind wohl die Steuern, derer die vor Abschreibungen stehen.

  • N
    Nordwind

    Das sagt eigentlich alles.

     

    50 Milliarden Euro Subventionen für Arbeitgeber die über Dumpinglöhne in Konkurenz treten müssen weil sie zu dusselig sind dies über Innovation und/oder Qualität zu tun.

     

    Solche Sozialbetrüger kann sich keine Gesellschaft auf dauer leisten.

  • WG
    Werner G.

    Laut FDP vernichtet ein Mindestlohn Arbeitsplätze.

    Ich komm' da nicht ganz mit.

    Vor ein paar Jahren kam dieses Thema in die Öffentlichkeit, als bekannt wurde, dass Zimmermädchen in hamburger Luxushotels für weniger als 3€ die Stunde arbeiten mussten. Was passiert eigentlich, wenn die dann ihren Job verlieren? Machen dann die Gäste in den 4 oder 5 Sternehotels ihre Betten selber und schrubben ihr Klo selber.

    Oder - wenn sie statt 500€ dann 505€ pro Nacht bezahlen müssen - verlassen sie dann aus Protest das Hotel und ziehen auf einen Campingplatz???

    Die meisten Betroffenen arbeiten meines Wissens in den Wachdiensten. Was passiert da?

    Werden z.B. die Chemiekonzerne den Werkschutz abschaffen und einen ganzjährigen Tag der offenen Tür einführen, damit die Konkurrenz ab und zu mal nachschauen kann was da in den Forschungslaboren so abgeht???

    Die Brüderles und Westerles können mir diese Fragen sicherlich sehr kompetent beantworten.

  • L
    LaberrhabarberPF

    Wenn einige aus dem politischen Lager eine Schmarotzerdiskussion losgetreten haben, dann haben sie sicher die Unternehmen gemeint, die sich auf Kosten der Steuerzahler bereichern.

  • B
    BeobachterHH

    Es ist doch interessant zu beobachten, wie sich unterschiedlichen Positionen in ihren Sichtweisen unterscheiden und was jeweils daraus geschlußfolgert wird. Dennoch - es kann ja nur eine Wahrheit geben.

     

    Die Marktgläubigkeit der FDP hatte sich in der Krise seit 2008/2009 bis auf die Knochen blamiert. Dennoch hält man offensichtlich hartnäckig daran fest. Ein Dogma, zu welchem eine ordentliche Portion Ignoranz gehört.

     

    Aber auch ein staatlich festgesetzter Mindestlohn stellt keine 100%ige Lösung dar, weil das natürlich zu lasten der Unternehmensgewinne geht.

     

    Beides sind offensichtlich Formen systemimmanenter Widerspruchsbearbeitung, ohne das eigentliche Problem der gesamtgesell. Mehrwertproduktion und dessen historischen Werdegangs ins Blickfeld zu rücken. Man sollte sich stattdessen lieber mal mit den Erkenntnissen der "modernen Wertetheorie" (exit-online.org) beschäftigen und dafür plädieren, das System der Verwertungslogik insgesamt ad acta zu legen.

  • J
    Jörg

    FDP mal bei den "US Sozialisten" in die Lehre schicken oder besser gleich in die Leere.

    The Fair Labor Standards Act of 1938 ... is a United States federal law.

    The FLSA established a national minimum wage ..

  • C
    Charlot

    Hier wird wieder die ganze Heuchelei und Doppelmoral der FDP sichtbar, die ja angeblich angetreten ist, die Steuerzahler zu entlasten, real aber diese 50 Milliarden Belastung unterstützt.

  • N
    noevil

    Die FDP sollte ihre Drohungen mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen nicht zu lange überreizen. Ich möchte ganz gerne mal wissen, wer das überhaupt noch ernstnimmt. Es gibt viel zu viele gute Gründe, am Produktionsstandort Deutschland festzuhalten, als dass sich diese Drohung noch aufrecht erhalten ließe.

     

    Empfehlung: Mal nachsehen, wieviele Firmen in den letzten Jahren abgewandert und wieviele -so klein mit Hut- wieder zurück gekommen sind.

     

    Ich bin gespannt, wie lange der CDU/CSU-Teil unserer Regierung noch -gegen besseres Wissen- die FDP vorschieben kann. Deren Schatten ist schon längst so dramatisch zusammen geschrumpft, dass er ihr gar keinen Schutz mehr bieten kann.