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AusbildungRaus aus der Ausländerfalle

Immer weniger Jugendliche mit Migrationshintergrund finden eine Lehrstelle. Ein Bremer Projekt will gegensteuern und präsentiert Erfolgsgeschichten.

Erfolgreiche Ausnahmen: Basem Khan, Regina Jundt und Maksym Kyselov (v.l.n.r.). Bild: Andreas Koob

Heute sucht Basem Khan einen Mitarbeiter für seinen KFZ-Betrieb. Vor 13 Jahren verzweifelte er daran, einen Ausbildungsplatz zu finden. Wie damals ihm, fällt es Jugendlichen mit Migrationshintergrund immer noch deutlich schwerer als ihren deutschen MitbewerberInnen, nach der Schule in den Beruf zu starten. Hier setzt das Bremer Projekt Passage an und versucht Perspektiven zu geben, wenn auf Bewerbungen nur Absagen folgen: Ein Jahr lang können die Jugendlichen an der Allgemeinen Berufsschule (ABS) die Praktikumsklasse besuchen.

Das heißt vier Tage in Unternehmen, ein Tag Berufsschule. Kahn hat 1997 ein Schuljahr lang gearbeitet - ohne Lohn. Heute ist er Meister und führt zwei Werkstätten. Damals gehörte er zu den Ersten, die das Projekt durchliefen. Seit 1995 hatte die Zahl Jugendlicher mit migrantischen Hintergrund und ohne Chance auf Ausbildung rapide zugenommen, schildert Lehrer Manfred Mollenhauer. Der Bildungsbericht 2008 beziffert diesen Abwärtstrend, der seit 15 Jahren zunimmt: Fanden 2008 mehr als zwei Drittel der deutschen SchulabsolventInnen eine Ausbildung, waren es unter den Jugendlichen mit Migrationshintergrund weniger als ein Drittel. Die Gründe sind vielschichtig. Ein schlechtes Abschneiden in der Schule schmälert die Chancen eklatant.

Kahn floh als Zehnjähriger mit seinen Eltern aus dem Libanon, er kam nach einem Crashkurs Deutsch direkt in die vierte Klasse. Er habe nicht viel verstanden und trotzdem sei er schnell in die fünfte Klasse versetzt worden. "Ich habe mit vier Freunden im Unterricht gesessen und gekritzelt", sagt er. Sie seien nicht hinterher gekommen, auch wenn sich ihre Leistungen verbessert hätten.

Ungleiche Chancen

Erst nach 17 Monaten finden 50 Prozent der SchulabsolventInnen mit Migrationshintergrund eine Ausbildung, sagt der Bericht "Bildung in Deutschland 2008", der sich auf Migration fokussierte. Die Hälfte der Deutschen ist bereits nach drei Monaten versorgt.

Je niedriger der Bildungsabschluss der MigrantInnen ist, desto schlechter sind die Chancen gegenüber den gleich qualifizierten Deutschen.

Nach dem Bremer Praktikumsjahr finden zwei Drittel der TechnikschülerInnen eine Ausbildung, in der Dienstleistungssparte nur die Hälfte, in Wirtschaft und Verwaltungen weniger als die Hälfte.

Zwei der Freunde traf er in der Praktikumsklasse wieder. Ein schlechter Übergang zur weiterführenden Schule hängt lange nach, zwischen der fünften und der neunten Klasse werden etwa Leseschwierigkeiten kaum behoben. "Andere Möglichkeiten zu eröffnen, spielt in der Integrationsdebatte leider keine Rolle", sagt ABS-Lehrerin Erika Bosecker.

Gestern kündigte die Bremer Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper an, künftig die Übergänge zwischen Klassenstufen an festgelegte Bildungsstandards zu knüpfen. Es sind aber nicht nur mäßige Abschlussnoten, an denen die Bewerbungen scheitern. Bei ArbeitgeberInnen gebe es auch rassistische Vorbehalte: Projektmitarbeiterin Vanessa Jones schildert, wie ihre Anfrage nach Praktikumsplätzen ins Leere laufen. Die "falsche" Hautfarbe der PraktikantIn könne den Kontakt zum Kunden irritieren oder das Geschäft schädigen. Oft traue sich niemand zu so offenen Aussagen gegenüber den PädagogInnen.

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2 Kommentare

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  • TU
    Thorsten Urban

    Warum sich als Bürgerkriegsflüchtlinge ausgaben ???Sie waren doch Bürgerkriegsflüchtlinge, sie wissen ja gar nicht was für eine Angst diese Menschen im Krieg erleiden mussten. Was verstehen Sie denn unter Integriert?Mag sein das es Leute darunter gibt die krimminell aufällig sind, aber alle jetzt in einen Topf zu schmeissen ist für mich unbegreiflich, es gibt genügend unter uns Deutschen, die krimminell auffällig sind, und ich muss hier an dieser Stelle einmal los werden wie sehr ich mich als Deutscher für einig Deutsche schämen muss, die so hassorientiert sind. Wir sind alle Menschen egal ob weiss, schwarz,türke ,deutscher, araber , christ oder muslim.

     

     

    Für den Herrn Khan kann ich nur meine besten Glückwünsche aussprechen, und alles gute für die zukunft wünschen.Wir sollten froh sein das es solch junge Menschen gibt die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

  • R
    Rasse

    Ob das unbedingt die Hautfarbe ist, die verständliche Skepsis hervorruft, bezweifle ich.

    Die arabischen Kurden, die in den 80ern und Anfang der 90er nach Deutschland einreisten,sich als Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon ausgaben und ihre Pässe versteckten, sind nicht unbedingt das, was man gut integriert nennen könnte.

     

    Ein Teil dazu beitragen mag der Umstand, sich als Araber als überlegener Mensch und Mohammedaner einzuschätzen und großen Familienclans anzugehören, deren starker Einfluss auf Justiz und Polizei mittlerweile fast jedem bekannt sind.