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Archiv-Artikel

Aus für Tochter Strauß

Die bayrische Kultusministerin Monika Hohlmeier muss gehen. Sie soll hinter Mitgliederkauf und Fälschungen in der Münchner CSU gesteckt haben

aus München JÖRG SCHALLENBERG

Als „beratungsresistent“ galt Monika Hohlmeier bis zum Schluss: Doch am Freitag musste selbst die bayerische Kultusministerin, die sich trotz diverser Affären halsstarrig an ihren Posten klammerte, einsehen, dass es nicht mehr ging. Am Nachmittag um 15 Uhr gab die Tochter von Franz Josef Strauß auf. Vorher sollen Abgesandte von Ministerpräsident Edmund Stoiber stundenlang auf sie eingeredet haben, mehrfach hat sie offenbar mit Stoiber telefoniert. Schließlich fuhr Hohlmeier noch persönlich in die Staatskanzlei, danach gab sie ihren Rücktritt bekannt. „Respekt“, ließ Stoiber vermelden.

Es war dann doch zu viel gewesen, was in den vergangenen Tagen über die in der Münchner Presse bereits als „Pattex-Moni“ verspottete Ministerin publik geworden war. Am spektakulärsten geriet dabei der Auftritt des einstigen JU-Funktionärs Maximilian Junker am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. Er bezeichnete Hohlmeier als „Dirigentin der Fälschungen“ bei Wahlen innerhalb der Münchner CSU – dort waren Abstimmungen mittels gefälschter Anträge und Mitgliederkauf gedreht worden, um unliebsame Kandidaten aus dem Weg zu räumen.

Entscheidend für ihren Rücktritt waren aber die Äußerungen der Münchner CSU-Vorstandsmitglieder Ludwig Spaenle und Hans Podiuk am Donnerstag und Freitag. Sie hatten Hohlmeier, die bis zum vergangenen Sommer Münchner CSU-Bezirkschefin war, erstmals offen vorgeworfen, die Wahlmanipulationen aktiv gedeckt zu haben. Podiuk, selbst ein Opfer der Betrügereien, habe damals ein Parteiordnungsverfahren einleiten wollen. Daraufhin habe Hohlmeier zu ihm gesagt: „Das tust du ausdrücklich nicht.“ In diesem Moment, so Podiuk, habe er gewusst: „Hoppla, die steckt mit unter der Decke.“ Hohlmeiers Verhalten bezeichnete er als „Abgrund von Lüge und Täuschung“.

Am Freitag bestätigte der Landtagsabgeordnete Ludwig Spaenle Podiuks Vorwürfe – mit der schlichten Aussage: „Monika Hohlmeier lügt.“ Gegenüber der Abendzeitung berichtete er von einem Treffen im Dezember 2002, bei dem Podiuk Hohlmeier mit Details der Wahlfälschungsaffäre konfrontiert habe. Die Ministerin habe die Vorwürfe, die vor allem enge politische Vertraute von ihr betrafen, als „erstunken und erlogen“ bezeichnet – obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nach den Aussagen von Maximilian Junker und anderen in die Manipulationen verwickelten Ex-JU-Mitgliedern längst Bescheid wusste.

In den vergangenen Tagen wurde zudem bekannt, dass es im Sommer 2004 Versuche gab, die privaten Konten von Spaenle, Podiuk und weiteren Münchner CSU-Vorständlern auszuspionieren, in einem Fall sollten sogar falsche Daten eingespeist werden. Das geschah, wenige Tage bevor Hohlmeier ihren Parteikollegen am Rande einer Sitzung mit Dossiers über deren Privatleben und den Worten: „Gegen jeden von euch gibt es etwas“ gedroht haben soll. Wegen dieses Erpressungsversuchs trat sie wenige Tage später als Münchner CSU-Chefin zurück – als Ministerin gab ihr Edmund Stoiber damals eine „zweite Chance“.

Im Münchner CSU-Vorstand galt sie seitdem als unerwünschte Person. Immer wieder waren zuletzt von dort aus Gerüchte in die Presse gestreut worden, nach denen Vorstandsmitglieder sogar ein Parteiausschlussverfahren gegen die Strauß-Tochter einleiten wollen. Hohlmeier sprach daraufhin im Landtag von einem „persönlichen Vernichtungsfeldzug“ einzelner Parteikollegen gegen sie.

Allerdings war sie in der Vergangenheit nicht nur wegen ihrer tiefen Verstrickung in die Wahlfälschungsaffäre angegriffen worden. Bereits 1994 geriet sie als junge Staatssekretärin unter Verdacht, ihrem Bruder Max Strauß einen Auftrag für das Kultusministerium verschafft zu haben, seitdem gab es immer wieder Vorwürfe wegen kaum kaschierter Vetternwirtschaft.

Auch fachlich war die gelernte Hotelkauffrau Hohlmeier sehr umstritten. Die übereilte Einführung des achtjährigen Gymnasiums und der daraus resultierende, von ihr lange verheimlichte Lehrermangel hatten im Dezember 2004 einen öffentlichen Zornesausbruch von Edmund Stoiber zu Folge. Als möglicher Nachfolger im Amt wird nun der Bildungsexperte Siegfried Schneider gehandelt.